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Studie. Die Forscher suchen nach Möglichkeiten, den Erdbeeranbau zu verbessern und dieses Wissen an Unternehmen weiterzugeben. M. FERNÁNDEZ
Hüter der Erdbeere
Forschung

Hüter der Erdbeere

Forschung. Die Keimplasma-Bank für Erdbeeren in Málaga ist einzigartig in ganz Spanien und auch international bei der genetischen Verbesserung der Früchte ein Maßstab

SUSANA ZAMORA

Málaga/Algarrobo

Freitag, 25. April 2025

Die 'Banco de Germoplasma de Fresa Málaga' hegt eine in Europa einzigartige Sammlung von unschätzbarem Wert. Einige der Stücke sind zwei Jahrhunderte alt, andere sind im Laufe der Jahre und Jahrzehnte hinzugekommen und haben die Keimplasma-Bank zu einer bedeutenden Saatgutbank für Erdbeeren gemacht, die auch aufgrund der ihr geglückten genetischen Verbesserungen der Früchte zum internationalen Maßstab geworden ist.

Die Ursprünge der Samenbank gehen auf das 18. Jahrhundert zurück, als die Versuche eines Gärtners, im Schloss von Versailles zwei Wilderdbeerensorten zu kreuzen, die 'fragaria ananassa' hervorbrachten, eine kultivierte Erdbeere und sozusagen Vorfahrin aller Sorten, die heute verzehrt werden. Das alles erzählt José Sánchez Sevilla, Wissenschaftler am andalusischen Institut für Forschung und Ausbildung in den Sparten Landwirtschaft, Fischfang, Ernährung und ökologische Produktion, kurz IFAPA. Seit 1928 hat das Institut für Málaga seinen Sitz in Churriana.

Das IFAPA liegt außerhalb von Churriana auf einem 22 Hektar großen Gelände und wäre da nicht der unaufhörliche Flugzeuglärm des angrenzenden Flughafens von Málaga, könnte die als Santa Cruz bekannte Gegend durchaus idyllisch sein. Geforscht und experimentiert wird hier, um die Ergebnisse der Agrarbranche zu verbessern. «Die Resultate bleiben nicht in den Labors oder in Fachzeitschriften stecken, zu denen allein Wissenschaftler Zugang haben. Wir arbeiten hier für und mit der öffentlichen Hand, um Anforderungen und Nachfrage der Branche zu beleuchten», sagt die Direktorin Paloma Ruiz de Molina.

«Die Keimplasma-Bank der Erdbeere in Málaga ist ein Arbeitswerkzeug, es ist kein Museum für Sammler»

Aktuell werden in der Samenbank rund 400 verschiedene Erdbeersorten gehütet, hinzu kommt zahlreiches Wildmaterial aus verschiedenen Teilen der Erde. Laut Sánchez Sevilla gibt es «anderes Material aus Kreuzungen und Experimenten, das die Zahl gelisteter Samen auf über 1.000 bringt». Und somit sei das IFAPA gleich nach Oregon (USA) die zweitgrößte Keimplasma-Bank für Erdbeeren weltweit. «Es gibt dann noch ein Institut in Dresden, eine echte Institution, denn dort gibt es die größte Sammlung von Walderdbeersamen, die jedoch nicht wie im IFAPA angebaut werden», fügt der Wissenschaftler hinzu.

In Málaga wird an der Verbesserung der Erdbeeren gearbeitet, deren Produktion kontinuierlich steigt. Ziel ist es, die organoleptischen Eigenschaften der Beeren, also die Eigenschaften, die mit den Sinnen wahrgenommen werden, zu erhalten, sie noch gesünder zu machen und ihnen die gewünschte Färbung zu geben. «Dabei werden eine genetische Kartierung erarbeitet und erforderliche Eigenschaften gesucht», erklärt Ruiz de Molina, die das Institut seit anderthalb Jahren leitet.

Des Weiteren wird eine 'klassische' Verbesserung erforscht, die die Nachhaltigkeit des Anbaus zum Ziel hat. Dabei sollen durch Kreuzungen erzielte Sorten zum Einsatz kommen, deren Pflanzen resistenter gegen Wasserstress und Schädlinge sind sowie weniger Fungizide und Pestizide benötigen. Hierzu böten sich beispielsweise Hydrokulturen an. «Bei all dem dürfen auch Alternativen für die chemische Bodendesinfektion nicht vergessen werden, die in der EU bereits verboten ist», so Ruiz de Molina.

Die Keimplasma-Bank von Málaga sehe sich vor allem «als Arbeitswerkzeug, es ist kein Museum», betont die Direktorin, und fügt hinzu: «Die Sorten, die wir hier aufbewahren, sind keine Sammlerstücke, die man aus Freude an Althergebrachtem hütet, sondern sie haben einen Zweck und wir teilen sie mit anderen Forschungszentren, damit sie gekreuzt werden und neue Sorten entstehen können.» Für die Aufbewahrung werden die Samen zum einen 'in vivo' mit drei Nachbildungen in Blumentöpfen in großen Gewächshäusern gehalten, zum anderen werden sie auch 'in vitro' bei vier Grad und absoluter Dunkelheit aufbewahrt, um so Schädlingsbefall und Epidemien vorzubeugen. Unter diesen Bedingungen wird garantiert, dass das Material in perfektem Gesundheitszustand ist und die Integrität der Sammlung gewährleistet bleibt. Sánchez Sevilla fügt hinzu: «Wir führen natürlich sporadische Kontrollen durch, um zu sehen, dass es keine Veränderungen bei der genetischen Stabilität der Sorten gegeben hat.»

Eine Mitarbeiterin überwacht den Zustand einiger Erdbeer-Sorten (1. Foto). Forscher in einem der Labors (2. Foto). Jede Sorte wird bei vier Grad und absoluter Dunkelheit aufbewahrt (3. Foto) M. FERNÁNDEZ
Imagen principal - Eine Mitarbeiterin überwacht den Zustand einiger Erdbeer-Sorten (1. Foto). Forscher in einem der Labors (2. Foto). Jede Sorte wird bei vier Grad und absoluter Dunkelheit aufbewahrt (3. Foto)
Imagen secundaria 1 - Eine Mitarbeiterin überwacht den Zustand einiger Erdbeer-Sorten (1. Foto). Forscher in einem der Labors (2. Foto). Jede Sorte wird bei vier Grad und absoluter Dunkelheit aufbewahrt (3. Foto)
Imagen secundaria 2 - Eine Mitarbeiterin überwacht den Zustand einiger Erdbeer-Sorten (1. Foto). Forscher in einem der Labors (2. Foto). Jede Sorte wird bei vier Grad und absoluter Dunkelheit aufbewahrt (3. Foto)

In Spanien wurden die ersten Erdbeersorten eines öffentlichen Organismus in Málaga entwickelt. Jetzt aber sei das nicht mehr notwendig, so der Wissenschaftler: «Diese Aufgabe haben jetzt private Unternehmen übernommen. Wir sind dazu da, um mit ihnen zusammenzuarbeiten, Techniken wie die Molekulartechnik zu vermitteln, damit sie erfolgreich sind. Unsere Priorität ist weiterhin, neues Material ausgehend von der Wildsorte zu entwickeln und dabei Sorten zu ermöglichen, die mehr Qualität haben und weniger Wasser verbrauchen. Dieses Material geben wir dann an die Unternehmen weiter, damit sie ihre Sorten entwickeln können.»

Zunächst hatten sich die Studien auf eine Verbesserung der Haltbarkeit der Erdbeere konzentriert, die mit knapp zwei Wochen keine großen Vermarktungsspielräume ließ. Sánchez Sevilla erzählt: «Anfangs suchten wir eine Erdbeere, die resistent und produktiv war, die Landwirten gute Erträge brachte. Aber die Produktionsziele sowohl mit Blick auf die Grammzahl pro Pflanze als auch die Fruchtgröße sind inzwischen ausreichend erzielt, darum sind jetzt neue Qualitätsherausforderungen angesagt was die Fruchtfarbe, den Geschmack oder das Aroma betrifft. Angesichts der Wasserprobleme arbeiten wir zudem an einer wettbewerbsfähigen und rentablen Produktion bei geringmöglichstem Wasserverbrauch.»

Warum aber ist Huelva nach wie vor Spaniens größter Erdbeerproduzent, wenn doch Málaga das Zentrum für die Forschung an dieser Anbaukultur ist? Um diese Frage zu beantworten, muss man in die 1960er Jahre und die Ursprünge des modernen Erdbeeranbaus in Spanien zurückgehen. Seinerzeit führte der deutsche Agraringenieur Dieter Wienberg, Forscher und damaliger Direktor am Forschungszentrum La Mayora in Málaga, innovative Techniken aus Kalifornien an der Ostküste der Provinz ein. José Manuel López Aranda, Forscher am IFAPA und Initiator einer Studie über Erdbeeren in Málaga, erinnert sich: «Die Arbeit von Dieter Wienberg und La Mayora war intensiv, aber nur von kurzer Dauer. Der Erdbeeranbau in Torre del Mar, Caleta de Vélez, Algarrobo Costa oder El Morche wurde immer unbedeutender und verschwand schließlich in den 1970er Jahren vollständig. Dazu trugen auch der Druck durch die intensive Landwirtschaft mit anderen Kulturen bei, die sich von Almería ausgehend durchsetzten, sowie das Immobilienfieber für die touristische Erschließung der östlichen Costa del Sol.» In jenen Jahren habe es zwar immer noch Erdbeeranbau in der Provinz Málaga gegeben, letztlich aber seien die Anbaubedingungen in Huelva mit sandigen, sauren Böden und mehr Wasser schlichtweg besser und wettbewerbsfähiger gewesen.

Anfang der 1980er Jahre wurden auf Initiative der andalusischen Landesregierung Agrarforschungszentren in allen Provinzen Andalusiens mit Ausnahme von Huelva ins Leben gerufen, die sogenannten CIDA. Im Jahr 1986 wurde auch Forscher López Aranda an das CIDA Málaga berufen, das später in IFAPA mit Sitz in Churriana und Campanillas umbenannt wurde. Der Wissenschaftler wirft rückblickend noch einmal die Frage auf: «War es seinerzeit legitim, dass ein Forscherteam in Málaga sich der Erforschung einer Kultur widmete, die in einer anderen Provinz angebaut wurde?» Und gibt selbst die Antwort: Nachdem entschieden worden sei, den Erdbeeranbau weiter zu analysieren, habe er und «unsere Forschung stets den notwendigen Rückhalt erhalten».

IFAPA künftig mit nur noch einem Sitz

Mit insgesamt 20 Millionen Euro will Andalusiens Landesregierung die IFAPA-Forschungszentren optimieren und mehr Nutzen aus ihnen ziehen. Das Projekt wird mit EU-Fonds kofinanziert. Für Málaga wird derzeit ein Projekt ausgearbeitet, um den IFAPA-Sitz in Campanillas zu sanieren. Geplant sind Reparaturen an den Werkstätten, eine Sanierung des Hauptgebäudes sowie eine Umgestaltung und Neuordnung der Innenräume. Die Kosten belaufen sich auf rund 1,5 Millionen Euro. Im Anschluss an die Umbauarbeiten soll das Zentrum von Churriana nach Campanillas umziehen. Mit künftig nur einem Sitz will sich das IFAPA moderner, innovativer und funktionaler präsentieren. Ziel sind auch eine Optimierung von Personal- und Materialressourcen, das Angebot von Fortbildung, Forschung und Innovation unter einem Dach zu vereinen und ein besseres Leistungsangebot für die Nutzer zu bieten.

In jenen Jahren befand sich die Erdbeerbranche in Spanien generell im Aufwind, sowohl bei der Obstproduktion als auch bei der Pflanzenzucht in Baumschulen. Das Handicap: In Huelva, das 95 Prozent der Ernte produzierte, wurde nur eine einzige ausländische Sorte angepflanzt. Entwickelt worden war diese Erdbeere von der Universität von Kalifornien und die ließ sich pro Pflanze sozusagen eine Nutzergebühr bezahlen. López Aranda blickt zurück: «1991 waren wir soweit, dass wir den Schritt in diese faszinierende Welt auch wagen und selbst neue Sorten züchten wollten.» Die Arbeit mit neuen Formeln begann und auch die Produzenten selbst wurden animiert, eigene Zuchtprogramme zu starten. «Heute ist der Markt sehr diversifiziert, eine Sorte hält maximal zehn oder 15 Prozent des Marktanteils. Es gibt keine Erdbeersorte mehr, die vorherrscht wie etwa die 'Camarosa' noch vor zwei Jahrzehnten. In der Erntekampagne 2023-24 wurden in Huelva 18 verschiedene Sorten mit einem Anteil von über einem Prozent angepflanzt, wobei die 'Marisma' von dem Unternehmen Fresas Nuevos Materiales mit 10,7 Prozent führend ist. Es folgen 'Fortuna' mit 10,5 und 'Rociera' mit 10,1 Prozent Marktanteil», erläutert der Wissenschaftler.

Im IFAPA arbeiten insgesamt 72 Personen, darunter Forscher, Techniker und Verwaltungsangestellte. Die Wissenschaftler sind in verschiedenen Gruppen zusammgenschlossen, die sich um folgende Bereiche kümmern: Gewebekultur und Biotechnologie mit einem Projekt für mehr Rentabilität beim Pistazienanbau sowie einem Projekt über biotechnologische Werkzeuge bei der Verbesserung des Zimtapfels (Cherimoya); 'in vitro'-Kulturen; landwirtschaftliche Entomologie mit einem Projekt über die Auswirkungen ökologischer Infrastrukturen auf die natürlichen Feinde von Schädlingen in und außerhalb von Gewächshäusern sowie einem Projekt über integrierten Pflanzenschutz in subtropischen Kulturen; Phytopathologie mit Studienschwerpunkt zur Anpassung des andalusischen Weinbaus an neue ökoklimatische Szenarien und Nachfrage sowie eines weiteren Projekts über die natürliche und reizinduzierte Resistenz gegen neu auftretende Viren bei Kürbis- und Nachtschattengewächsen; Agrarökophysiologie mit Projekten für mehr Nachhaltigkeit beim Avocadoanbau angesichts der Wasserknappheit. Und schließlich ist da noch die Wissenschaftlergruppe, die sich für Verbesserungen bei Anbau und Biotechnologie der Erdbeere bemüht.

Mit einem Budget von 771.565 Euro kümmert sich das IFAPA auch um seinen zweiten, 20 Hektar großen Sitz in der Finca La Lira in Campanillas. Dort liegt der Schwerpunkt seit der Gründung im Jahr 1968 auf landwirtschaftlicher Aus- und Weiterbildung. Derzeit gibt es Fortbildungsprogramme für die Bereiche subtropische Früchte, Zitrusfrüchte, Trockenfrüchte, Bewässerung und ökologische Produktion sowie die Ausbildung in den Bereichen Pestizide, Tierwohl und Eingliederung in einen landwirtschaftlichen Betrieb.

Verschiedene Sorten im Gewächsthaus. M. FERNÁNDEZ

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