Deutsch-marokkanische Hotel-Direktorin Yasmin Mesbah ist erfolgreiche Olivenöl-Produzentin in Andalusien
Die junge Frau aus Frankfurt machte mit ihrem Ehemann aus Aserbaidschan Urlaub in Marbella und wurde Jahre später über Nacht zur Unternehmerin
WOLFGANG STEPHAN
Marbella
Freitag, 7. November 2025
'Luna Verde' – 'grüner Mond'. Das Label ist Programm. Kaltgepresste Oliven, die unter dem Vollmond geerntet werden. Das alleine klingt außergewöhnlich, wer dann aber die 'Luna Verde'-Flasche mit angereicherten Kaffeebohnen in den Händen hält und einen Tropfen probiert, kommt ins Grübeln. Toller Werbegag oder vielleicht doch mehr?
«Wir reden nicht von Marketing, wir reden von Gesundheit, Schönheit, Tradition», sagt die Unternehmerin. Dass Yasmin Mesbah den Sohn eines Hoteliers kennen und lieben lernte, passte wunderbar, gemeinsam führten sie ein Vier-Sterne-Hotel in Frankfurt. Das Leben meinte es gut mit der Tochter einer Deutschen und eines Marrokaners. Als sie 2010 erstmalig zum Urlaub in Andalusien weilten, schien das kein schicksalsträchtiger Wegweiser für die Zukunft zu sein. Wobei: «Uns hatte es in Marbella sofort wunderbar gefallen», erinnert sich die Unternehmerin.
Das Schicksal schlug gut zehn Jahre später zu. Erbarmungslos. Die Corona-Pandemie traf auch die Hotelbranche nachhaltig. Das Hotel in Frankfurt musste geschlossen werden. Nichts ging mehr. Spontan kam der Entschluss des Hotelier-Paares: Wir nehmen eine Auszeit in der Auszeit und ziehen für sechs Monate an die Costa del Sol. Unmittelbar in der Umgebung von Marbella mieteten sie eine große Finca – mit Olivenbäumen. Wie und wann die Idee mit 'Luna Verde' kreiert wurde, lässt sich nach ihrer Darstellung nicht mehr genau beziffern. Dass ihr Mann Amir daran einen erheblichen Anteil hatte, sei aber sicher: «Der steht für viele gute Ideen, die auf den ersten Blick verrückt erscheinen.» Wie ein mit Kaffee angereichertes Olivenöl, eine der besonderen Spezifikationen des findigen Paares.
Das Gourmet-Produkt ist für den kulinarischen und kosmetischen Gebrauch bestimmt
«Der tägliche Blick auf den Olivenhain hat unsere Sinne angeregt», erzählt die Frankfurterin. Aus den Oliven ohne jegliche Chemie etwas Besonderes kreieren, am besten 'zero waste', null Abfall. Alles was bei der Olivenölproduktion anfällt zu verwenden – das war die Idee. Weil die eigene Ernte viel zu gering war, suchten sie nach einem Oliven-Bauern, der ihre Idee der nachhaltigen Produktion erfüllen konnte.
Ein wilder Olivenhain in der Nähe von Tarifa war der erste Erfolg, sie fanden ihren Produzenten, der auch in den Hügeln der Provinz Jaén seine Oliven erntet. Und vor allem auch selber presst. «Das war genau unser Ding», sagt Yasmin. Ein Bauer, der schon beim ersten Treffen Leidenschaft verbreitet habe. Und der nur bei Vollmond erntet, weil in der Nacht die Aromastoffe durch die kühlen Temperaturen besser erhalten bleiben, erklärt die Co-Produzentin. Das Auftreten unerwünschter Geschmacks- oder Farbveränderungen könne dadurch vermieden werden. Weil ausschließlich grüne Oliven verwendet werden, entstehe am Ende des Prozesses ein besonderes Olivenöl mit einer intensiven grünen Farbe. Mittlerweile hat das Ehepaar auch in die Produktion beim Bauern in Jaén investiert. Weil sie mehr kreieren wollten als 'nur' ein gesundes und nachhaltiges Olivenöl für den Gourmetgebrauch.
Als Ehemann Amir mit der Idee seiner Kaffeebohnen in der Olivenproduktion um die Ecke kam, schien das tatsächlich verrückt zu sein. Doch mittlerweile ist das 'Aceite de oliva prensado con café' im Vertrieb – gepresst und angereichert mit gerösteten Bio-Kaffeebohnen.
Warum das die Menschheit braucht? «Weil es besonders schmeckt, den Stoffwechsel stimuliert und dem Körper Energie gibt – vor allem der Haut», sagt Yasmin Mesbah und schiebt auf den ungläubigen Blick des Reporters nach: «Ich nutze unser Kaffee-Öl auch für meinen Teint, weil es reich an Antioxidantien ist und der Haut Feuchtigkeit spendet.» Sie spricht deshalb auch von einer «kosmetischen und kulinarischen Verwendung» ihres außergewöhnlichen Produkts. Kulinarisch sei es besonders für Desserts, Marinaden, aber auch als kleines Schmankerl für Vanille-Eis geeignet.
Weil das Hotel in Frankfurt mittlerweile verpachtet ist, widmen sich die beiden Jung-Unternehmer ganz ihrer Olivenöl-Leidenschaft an der Costa del Sol. «Für uns ist jeder Tropfen Öl ein Geschmack handwerklicher Arbeit.»
Ihr Stand in Marbellas Markthalle ist von Dienstag bis Sonnabend bis 14 Uhr besetzt, dass die Mitarbeiter aus Israel, Japan, den Philippinen und Argentinien kommen, sei Programm. «Wir stehen für Vielfalt, wir stehen für Internationalität und wir stehen für Toleranz», sagt die Chefin, die ihre Lebens-Philosophie mit einer Yogalehrer-Ausbildung verfeinert hat.
Demnächst soll ein Shop in der Altstadt von Marbella eröffnet werden. Wobei da längst nicht nur Öl vertrieben werden soll. «Amir ist kreativ», sagt Yasmin mit vielsagendem Blick. Er röstet mittlerweile auch Kaffee in Eigenproduktion: Luna Bean. Seine neueste Idee ist das Verarbeiten abgängiger Baumstämme von den Olivenplantagen, aus denen er Möbel oder Accessoires kreiert. Nachhaltiger sei der Olivenanbau nicht zu betreiben.
Dass in naher Zukunft auch ein Buch über die Kostbarkeit Olivenöl erscheinen könne, sei nicht ausgeschlossen. «Eher wahrscheinlich», sagt Yasmin Mesbah.