Der deutsche Grieche in Spanien
Ballbegeistert. Dass ein Grieche gefühlt schon immer eine Dauerkarte bei AEK Athen hat,ist sicher nicht ungewöhnlich. Aber wenn dieser Grieche in Deutschland studiert und gearbeitet hat und jetzt in Marbella als Mediziner wirkt, ist eine Nachfrage schon angebracht. Zumal Dr. Ignatios Chatziandreou nicht irgendein chirurgischer Orthopäde ist
WOLFGANG STEPHAN
Donnerstag, 6. März 2025
«Künstliche Intelligenz im Knie», das könnte die Schlagzeile für den aktuellen Tätigkeitsnachweis von Dr. Ignatios Chatziandreou sein, der seit neun Jahren an der Costa del Sol arbeitet. Vorwiegend an den Knien und Hüften seiner Patienten, denn das ist die Spezialität des Mediziners, der jüngst beim Gesundheitsforum der deutschsprachigen Lions in Marbella seine Zuhörer mit seinem Vortrag über maßangefertigte Kniegelenke aus dem 3-D-Drucker in eine neue Welt der Medizin entführte, die er als Pionier in der Orthopädie schon in Deutschlandpraktizierte.
Deutschland. Das Land, in dem der in Athen geborene und aufgewachsene Grieche seinen Traum vom Medizinstudium doch noch verwirklichen konnte. «Der Numerus Clausus in Griechenland war höher im Fachgebiet Medizin, ich hatte da keine Chance.» Dass er Mediziner werden wollte, stand als Abiturient lange fest, ein Biologie-Professor hatte bei ihm die Faszination geweckt. Was danach kam, klingt wie ein Märchen.
Über Bekannte wurden ihm die ersten Türen in Deutschland geöffnet, 1993 landete er in Essen, um erst einmal Deutsch zu lernen. Nach einem Jahr bekam er den Medizin-Studienplatz in Gießen, den er nach eigenen Angaben «von der ersten bis zur letzten Minute» genossen hat.
«Eine Seite dieser wunderschönen Medaille war es, Fußballstars zu behandeln», sagt der Orthopäde
Arzt. Das war der große Traum, der 2001 mit dem erfolgreichen Studium verwirklicht wurde. Vom Arzt im Praktikum mauserte er sich in der Städtischen Klinik Dortmund bis zum Oberarzt in der Orthopädie. Dass er in dieser medizinischen Disziplin landete, lag an seiner Liebe zum Fußball. Ein Leben lang AEK Athen, aber auch Borussia Dortmund, denn als junger Mediziner in Ausbildung war er bei der Betreuung der Fußballer dabei. «Damit war klar, dass ich meinen Facharzt als chirurgischer Orthopäde machen werde.»
Hautnah beim Fußball zu sein, Stars wie Torhüter Jens Lehmann zu behandeln, Jürgen Klopp zu treffen sei eine Seite dieser wunderschönen Medaille gewesen, aber auch die Erkenntnis zu gewinnen, dass es auch in diesem großen Business um menschliche Werte gehe. «Ich hatte damals ein 17-jähriges Talent nach einer schweren Knieverletzung im OP, es ging wirklich darum, dem Jungen das Bein zu retten.» Was ihn heute noch rührt: «Die Mannschaft hatte mit einem 4:1-Sieg in München die Meisterschaft gewonnen, doch trotz aller Jubelarien rief der Vorstand bei mir an, um sich über den Zustand des Jungen zu erkundigen.
Dass Ignatios Chatziandreou heute nicht mehr in Dortmund arbeitet, verdankt er einer schicksalhaften Begegnung im Studium. Noch in Gießen lernte er eine Austauschstudentin aus Granada kennen. Große Liebe. Rocío Estella, die nach ihrer Facharztausbildung in Düsseldorf auch in der Dortmunder Klinik arbeitete. Ein perfektes Paar, er Oberarzt in der Orthopädie, sie Oberärztin in der Neonatologie, der Intensivmedizin für Kinder. Ganz deutsch, bauten sie ein Haus und gründeten mit drei Kindern ihre Familie. Süd-Europa war weit weg.
Doch 2011 gab es wieder eine folgenschwere Begegnung, denn Dr. Ignatios Chatziandreou sollte für die Dortmunder Klinik als Pionier eine neue Prothetik erkunden: Maßangefertigte Implantate, die in den USA auf den Markt gekommen waren. Der Dortmunder Oberarzt wurde in Boston ausgebildet und war einer der ersten Mediziner, der damals diese Implantate aus dem 3-D-Drucker in Deutschland verwenden durfte. «Ein großer Fortschritt in der Medizin», sagt der Chirurg. Gut 15 Jahre habe er in Dortmund «wie verrückt» operiert, dann kam der Ruf aus den USA. Die Hersteller der 3D-Prothesen wollten ihre Implantate auch auf den spanischen Mark bringen. Dass ausgerechnet ein Grieche dazu auserkoren wurde, lag an der familiären Situation: Rocío Estella konnte sich durchaus vorstellen, als Kinderärztin in Spanien zu arbeiten. Wenn, dann da, wo die Internationalität spürbar ist, denn Rocio spricht mit den Kindern spanisch, Ingnatios griechisch und das Ärztepaar miteinander deutsch.
Marbella war als idealer Startplatz schnell auserkoren. In Marbella begann Dr. Ignatios Chatziandreou zunächst im Ochoa-Krankenhaus als Orthopäde, um gleichzeitig die Zulassung der individuellen Knieprothesen aus dem 3D- Drucker zu betreiben, die 2017 dann auch in Spanien zum Einsatz kamen – mit dem griechischen Operateur, der in seiner Bilanz heute etwa 8.000 Knieoperationen und gleich so viele Hüftprothesen in modernen, minimal invasiven Operationstechniken stehen hat – mit herkömmlichem Standard – und den individuellen Knie-Implantaten, aber: Die 3-D-Prothesen sind in Spanien immer noch eine Rarität, denn die werden nicht von den Kassen bezahlt.
Nach diversen Stationen und einer ersten Selbstständigkeit leiten Rocío Estella und Ignatios Chatziandreou seit einem Jahr die neue IMED German Clinic als Gesellschafter und Ärzte gleichermaßen. Sein Schreibtisch ist so aufgeräumt wie sein Leben. Dr. Chatziandreou ist neben seiner operativen Tätigkeit auch dreifach preisgekrönter Mediziner und für alle orthopädischen Probleme zuständig. «Wenn Sie mich als Experte auf dem Gebiet der Knie- und Hüftchirurgie bezeichnen, würde ich nicht widersprechen», sagt der Mediziner. Dass er noch immer eine Dauerkarte für AEK Athen besitzt, erzählt er mit griechischem Stolz. Apropos: National wird die Mediziner-Familie demnächst Furore machen, wenn die Auszeichnung als beste Kinderklinik Spaniens vergeben wird.
Comentar es una ventaja exclusiva para registrados
¿Ya eres registrado?
Inicia sesiónNecesitas ser suscriptor para poder votar.