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Francisco Griñán
Torremolinos
Sonntag, 11. Mai 2025
Brigitte Bardot endete in dieser Nacht in Torremolinos am Strand, wo sie die damaligen Gesetze gegen Landstreicherei und unzüchtiges Verhalten eklatant missachtete. Sie war betrunken, völlig nackt und schwamm im Meer. Außerdem war sie nicht allein, sondern in Begleitung von Paco Manoja, der sich noch an diese Nacht erinnert. «Sie kam zum Abendessen in die Bar, wir tanzten und landeten nackt im Meer», erzählt der Künstler und Geschäftsmann mit einem verschmitzten Lächeln. Die Geschichte ähnelt der von Ava Gardner in Spanien, deren Liebhaber ebenfalls ihre Geschichten erzählten. An dieser Stelle verstummt unser Erzähler. Ich vermute, dass es sich um ein offenes Geheimnis handelt. Das sarkastische Lächeln auf seinen Lippen vertieft sich und verlängert die dramatische Pause, aber er sagt kein Wort. Dann, wie ein geschickter Stierkämpfer, wechselt er das Thema und erwähnt Ava, die er an einem anderen Abend getroffen hat, als er etwas angeschlagen war und nach einer Party in Marbellas Nobeldiskothek El Dorado inach Hause wollte. «Sie wusste nicht einmal mehr, wo sie wohnte, aber ich wusste, dass sie auf der Finca La Verdad des Journalisten Jorge Fiestas war, also habe ich ihr ein Taxi besorgt und sie nach Hause geschickt», erzählt der Mann, der noch nie eine Party verpasst hat.
Als Besitzer der Bar Central, dem damals schicksten Lokal von Torremolinos, öffnet Manoja seine Wohnung, seine Fotoalben und sein privilegiertes Gedächtnis, das mit 94 Jahren noch wie ein Uhrwerk funktioniert. Wir lassen uns unter einem großen Gemälde nieder, das Manojas Handschrift trägt: eine venezianische Landschaft voller Heißluftballons. Eine perfekte Metapher für diesen Influencer des 20. Jahrhunderts, der durch seine vielfältigen Aktivitäten als Restaurantbesitzer, Modeunternehmer, Maler, Antiquitätenhändler und Lebenskünstler bekannt geworden ist. Viele Berühmtkeiten kehrten in seiner Bar ein, aßen mit ihm zu Abend, tranken mit ihm und erzählten ihm ihre Geheimnisse.
In seinen Erinnerungen finden sich Hollywood-Stars wie Elizabeth Taylor, Eddie Fisher, Melvyn Douglas, Peter Lorre und Diana Dors. Auch die erste Trans-Frau April Ashley, die Dragqueen Danny La Rue, die Pianistin Pia Beck und Aristokraten wie der abgedankte englische König Edward VIII. und Wallis Simpson zählten zu seinen Gästen.
Natürlich gab es auch berühmte Spanier: Imperio Argentina, Paquita Rico, Antonio El Bailarín, die Flamenco-Tänzerin Lola Medina und der Pilot Américo. Mit letzterem ist es wegen des gemeinsamen Bades mit BB nicht gut ausgegangen. Seine soziale Kompetenz beschreibt er so: «Ich war einer der wenigen, die damals Englisch sprachen».
Das war der Grund, warum er bei dem amerikanischen Sänger Eddie Fisher landete. «Der Besitzer des Hotels, in dem er wohnte, rief mich an, um mit ihm zum Stierkampf zu gehen und ihm alles zu erklären, aber nach der Hälfte des Stierkampfs sagte er zu mir: 'Lass uns Martinis trinken gehen'. Und wir landeten in der Calle Larios». Er trank mit dem Sänger, nachdem der umstrittene Künstler seine Frau, die Schauspielerin Debbie Reynolds, für ihre damals beste Freundin, den Filmstar Liz Taylor, verlassen hatte. Um sich von der öffentlichkeitswirksamen Untreue zu distanzieren, verließ das Paar die bedrückende Atmosphäre Hollywoods und begab sich in das damals noch etwas ruhigere Torremolinos.
«Eddie kam mit Elizabeth hierher, die gerade den Film Scent of Mystery drehte, der ein totaler Flop war», sagt Manoja. Beim Durchblättern der Alben entdecken wir bald den legendären Fußballspieler Bobby Moore, Kapitän der englischen Fußballmannschaft, die 1966 die Weltmeisterschaft gewann. Dann zeigt er ein in der Zeitung 'Sur' erschienenes Foto von der Cocktailparty, die Manoja in Torremolinos zu Ehren des Fußballstars veranstaltet hat und an der der Präsident des Club Deportivo Málaga, Juan Moreno de Luna, und der stellvertretende Manager von Manchester City, Malcolm Allison, teilnahmen.
«Bobby kam zu mir nach Hause und ich zu ihm, wenn ich in London zu Besuch war», erzählt Manoja. Davon zeugt auch das nächste Foto, auf dem Moore Manoja sein Trikot der englischen Nationalmannschaft mit der Nummer 6 auf dem Rücken schenkt, sowie der Ausschnitt aus dem Daily Express, in dem berichtet wird, dass Moore Manoja versprochen hatte, ihm im Falle des Gewinns der Weltmeisterschaft sein Trikot zu schenken. «Ich habe es für 3.000 Pfund verkauft», platzt er heraus. Ein Beispiel für seinen Unternehmergeist. Ein Genie und eine echte Persönlichkeit.
«Wisst ihr, was viel Geld wert ist?», fragt er, während er ein Dokument zeigt, das ein Dutzend Unterschriften mit liebevollen Botschaften an «amigo» Paco trägt. «Das ist die von allen Spielern während der Fußball-WM 1966 in London unterschriebene Speisekarte des Hilton-Hotels der britschen Hauptstadt», sagt er und zeigt stolz auf seinen Schatz, als hätte er gerade ein Tor gegen uns geschossen. «Das ist pures Gold, denn sie haben nie wieder eine Weltmeisterschaft gewonnen», erkärt er, während er die exklusive Menükarte umklammert.
Manoja spricht nicht nur fließend Englisch, er hat auch einen leicht amerikanischen Akzent. Den hat er sich angeeignet, als er in den 80er und 90er Jahren seine Zeit zwischen Málaga und Satellite Beach in Florida verbrachte. Deshalb sagt er auch «Penthouse», um die Wohnung eines Freundes zu bezeichnen, in der er wohnte, nachdem er seine Wohnung wegen eines ungLücklichen Sturzes verloren hatte. Er brach sich die Hüfte, und im Krankenhaus wurde bei ihm ein Herzproblem diagnostiziert und ein Herzschrittmacher eingesetzt. «Ich hatte in den USA keine Versicherung, das war mein Ruin. Ich musste das Haus verkaufen. Die Ärzte haben es mir weggenommen», sagt er mit einer gewissen Resignation, obwohl er seine Bewunderung für Amerika nicht verloren hat.
Das alles erzählt er, während er auf seinem Sofa sitzt, neben dem ein gerahmtes Foto von Ronald Reagan aufgehängt ist. «Ich erfuhr von der Sekretärin seiner Frau Nancy, dass der US-Präsident ein Pferdemuseum besaß, und als ich in einem Antiquitätengeschäft eine Bronze-Medaille mit einem spanischen Pferdesattels fand, kaufte ich sie und schenkte ihm sie. Im Gegenzug schickte er mir zwei Fotos mit Widmung», sagt er nicht ohne Stolz. Sein Haus ist auch ein Museum, nicht nur wegen der Fotos, der Souvenirs und seiner exotischen Sammlung von chinesischen, indischen und persischen Schnitzfiguren. An seinen Wänden hängt alles Mögliche, von einem exklusiven kleinen Gemälde des englischen Landschaftsmalers George Turner aus dem 19. Jahrhundert bis zu seinen eigenen Ölgemälden von Landschaften.
Manoja stößt auf ein Foto aus den 1970er Jahren, das einige Touristen auf der Terrasse seiner Bar zeigt und 1972 in der Sonntagsbeilage der Zeitung ABC abgedruckt war. «Die Bar war der 'Meeting Point' für alle», sagt der Geschäftsmann. «Ich eröffnete eine Boutique, die auf Lederwaren spezialisiert war, und da man zu Francos Zeiten den Geschäften keine ausländischen Namen geben durfte, nannte ich sie Oscar, weil der Schauspieler Paul Lukas mir die Statue für seinen Filmpreis geschenkt und ich diese in dem Geschäft ausgestellt hatte.»
Manoja hat den Oscar aus Freundschaft und Loyalität zu Lukas bekommen, obwohl er ihn bei einem Überfall verloren hat. «Sie haben mit einem Auto den Laden gerammt und alle Pelze mitgenommen, aber am meisten hat mich verletzt, dass sie meinen Oscar gestohlen haben», erinnert er sich. Als er 50 wurde, betrieb er nicht nur die Bar Central an der Plaza Andalucía, sondern auch das Restaurant La Mañana, drei Boutiquen, einen Friseursalon, ein Reisebüro und eine Finca in Cártama. Er hatte immer ein gutes Gespür für Geschäfte. Eine Gabe, die ihn auch zu Brigitte Bardot führte, nach deren Geschichte wir noch einmal fragen.
«Sie suchte mich, weil ihre Schwester, die in Torremolinos gewesen war, ihr meine Adresse gegeben hatte. Sie kam an und bat mich um eine Flasche Whisky, aber einen echten, denn damals gab es hier nur DYC und davon wurde ihr schlecht», sagt Manoja. Der Geschäftsmann kaufte von den Reiseführerinnen, die britische Touristen nach Gibraltar brachten, billig einige Flaschen Scotch. Das war während der Dreharbeiten zu 'In ihren Augen ist immer Nacht' (1958) an der Costa del Sol, und Flasche für Flasche wurde am Strand im Mondschein getrunken.
«Wir wurden gute Freunde», sagt er mit einem verschmitzten Grinsen. Dann zeigt er auf das Album und sagt, dass er keine Fotos mehr von Bardot hat, weil sein Freund Américo eines Tages in einem Anfall von Eifersucht alle seine Fotos mit dem Star in den Kamin geworfen hat, wo sie verbrannten.
«Ich hatte keine Fotos mehr von ihr, also habe ich ihm in der Bar auch keinen Kaffe mehr serviert», sagt er und raucht immer noch. Er hatte also doch etwas mit BB? Dann, als hätte sich seine Zunge durch ein paar Whiskys gelockert, antwortet er: «Es gab keine Affäre, weil wir beide zu betrunken waren.» Dann schaut er mit einem verschmitzten Lächeln aus dem Fenster seiner Wohnung auf den Strand Bajondillo. Auf denselben Strand, an dem er vor 70 Jahren mit jener Frau nackt baden ging - ohne Folgen und zum Glück ohne von der Polizei angehalten zu werden
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