Zwei Männer aus Málaga an Bord der Gaza-Hilfsflotte: «Hier zu sein, ist ein Privileg»
Die beiden Aktivisten setzen sich seit Jahren für Flüchtlingsrechte und die Menschen im Gazastreifen ein. Bei ihrer jetzigen Aktion müssen sie mit Repressalien und Angriffen rechnen
Antonio Contreras
Málaga
Mittwoch, 10. September 2025
Der Hilfskonvoi Global Sumud Flotilla ist mit Schiffen von Barcelona, Süditalien und Tunesien in Richtung Gaza unterwegs. Insgesamt sind es über 50 Boote, die Besatzung besteht aus Aktivisten aus der ganzen Welt. Ziel der Global Sumud Flotilla ist es, humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen und gleichzeitig als Protest gegen die Blockade der Kriegsregion wahrgenommen zu werden.
Auf den Schiffen arbeiten viele Nationen Hand in Hand, ein Thailänder teilt sich eine Kabine mit einem Venezolaner, ein Amerikaner kontrolliert das Schiff Seite an Seite mit einem Tschechen, ein Spanier überwacht die Vorräte gemeinsam mit einem Franzosen. Unter den Aktivisten sind auch Manolo García (72) und Rafael Borrego (30), zwei Malagueños, die angesichts der Passivität der Regierungen weltweit beschlossen haben, im Konflikt zwischen Israel und Gaza aktiv zu werden.
Die Geschichte von Borrego
Borrego (30 Jahre) ist Jurist, Politikwissenschaftler und überzeugter Verfechter der Flüchtlingsrechte. Als er die Gelegenheit sah, sich der Crew der Hilfsflotte anzuschließen, musste er nicht lange überlegen. Schon seit Jahren widmet Borrego einen Großteil seiner Zeit der Verteidigung und Förderung der Rechte von Flüchtlingen, arbeitet mit NGO zusammen.
Das eigentliche Ereignis, das den Verlauf seiner beruflichen und persönlichen Laufbahn bestimmen sollte, geht jedoch auf das Jahr 2019 zurück, als er einige Monate in Palästina studierte. «Oder Israel, je nachdem, wen man fragt», sagt er. Dank dieser Erfahrung kannte er die Realität vor Ort aus erster Hand und konnte vorhersehen, dass der Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 eine Welle äußerst zerstörerischer Gewalt auslösen würde. «Schon am zweiten Tag wusste ich, dass ein beeindruckendes Massaker bevorstand, denn ich kannte bereits die Brutalität der Israelis, die der Welt zu diesem Zeitpunkt noch etwas fremd war«, sagt er.
Seitdem nutzt Borrego seine sozialen Netzwerke (@rafaborregop hat fast 50.000 Follower), um auf die Situation im Gazastreifen aufmerksam zu machen. «Wir haben befürchtet, dass ein Völkermord bevorstand. Es hat allerdings anderthalb Jahre gedauert, bis die Welt es auch begriffen hat«, beklagt er. Trotzdem vertraut der Anwalt aus Málaga auf die Netzwerke als Instrument, um für Bewegung zu sorgen, ohne den traditionellen Medien das Rampenlicht zu entziehen. »Hätten wir TikTok oder Instagram zur Zeit des Irak-Krieges gehabt, hätten sich sicherlich viel mehr Menschen gegen das, was die Vereinigten Staaten taten, zusammengeschlossen», ist er sich sicher.
Die Flottille
Die aus Dutzenden von Schiffen bestehende Flotille setzt sich laut Borrego hauptsächlich aus gebrauchten Booten zusammen. Geld gebe es dank privater Spenden.
Der Start dieser neuen humanitären Mission verlief turbulent, denn ein Teil der Flotte hatte wegen schlechten Wetters zunächst nach Barcelona zurückkehren müssen. Dort war einer der Ausgangspunkte des Hilfskonvois, an dem auch die ehemalige Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, und die bekannte Aktivistin Greta Thunberg teilnehmen. Inzwischen sind alle Schiffe auf dem Weg nach Tunis.
Borrego reist in einem zehn Meter langen Boot mit sechs weiteren Besatzungsmitgliedern, vollgepackt mit Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung. «Es ist nicht das komfortabelste. Wahrscheinlich, weil es nicht für eine so lange Reise gebaut ist«, meint er. Allerdings gebe es in der Flottille auch weitaus größere Schiffe mit mehr als 20 Mann Besatzung.
Da es sich um den bisher größten Einsatz der Hilfsflotte handelt, war man auch auf Sabotageakte vorbereitet. Schon im Vorfeld hatte einer der Aktivisten, Yasemin Acar, gewarnt, die Schiffe könnten von Drohnen angegriffen werden. Eine Befürchtung, die sich schon gestern im Hafen vor Tunis bestätigt zu haben scheint: Laut Besatzung wurde eines der Hauptboote von einer Drohne getroffen, an Bord brach ein Feuer aus. Weitere Details sind bislang nicht bekannt.
Um die Mission zu finanzieren, hat die Global Sumud Flotilla alle Kosten durch Spenden von Einzelpersonen und Delegationen aus verschiedenen Ländern gedeckt. «Die malaysische Delegation scheint eine derjenigen zu sein, die den größten Beitrag leisten konnte. Denn dies ist keine europäische Angelegenheit. Es ist eine Angelegenheit, die den ganzen Planeten betrifft», sagt Borrego.
Die Geschichte von García
Manolo García hat sich schon sehr früh, während der Franco-Ära, als Aktivist engagiert. Derzeit ist er Vorsitzender des spanisch-kubanischen Freundschaftsvereins von Málaga und Mitglied des Vorstands von Unadikum, einer Vereinigung, die sich mit Palästina solidarisiert. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist die Verteidigung dieses Volkes eine ihrer Prioritäten. Dies ist bereits das dritte Mal, dass er an Bord einer Flottille ist, obwohl er zum ersten Mal in See sticht.
García war auch Teil der Flottille, die 2011 versuchte, Athen zu verlassen, und der Flottille in Istanbul im vergangenen Jahr, die beide aufgrund des politischen Drucks scheiterten. «Ich bin sehr glücklich. Dieses dritte Mal werden wir endlich auslaufen«, freute er sich.
Erst am 15. Juni hatte García auch am «Global March to Gaza» in Kairo teilnehmen wollen, der aufgrund der starken Repressionen der Regierung abgesagt wurde. 2012 war er in Gaza und verfolgte, wie die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah nach dem Sturz von Mubarak im Jahr 2011 und der Ankunft der Muslimbruderschaft (Mohamed Morsi) dem palästinensischen Volk etwas Luft verschaffte. «Es war keine vollständige Öffnung, aber es wurde zugelassen, was vorher nicht erlaubt war: ein täglicher Personentransfer zwischen dem ägyptischen und dem palästinensischen Rafah, was meine Organisation nutzte, um Solidaritätsteams nach Gaza zu schicken und Hilfsgüter zu sammeln«, erzählt García.
Dieses Mal ist er auf der Sirius unterwegs, einem 107 Jahre alten Brigantine-Segelschiff, das allerdings auch für den Betrieb mit Treibstoff umgebaut wurde, «und so fahren wir mit Diesel». Das Alter und der Zustand der Schiffe sind neben möglichen Stürmen das größte Problem, mit dem die Flottille zu kämpfen hat. «Es ist wie bei einem alten Auto: man repariert eine Sache, bringt sie zum Laufen, und dann geht an anderer Stelle etwas kaputt«, so García.
Beinahe banal erscheinende Probleme zu Beginn Anfang einer Mission, bedenkt man, dass die Reise heikel und gefährlich werden wird. Es gibt vier mögliche Szenarien: Die Mission ist erfolgreich und es gelingt, humanitäre Hilfe zu leisten, die Schiffe werden an irgendeinem Punkt durch die Bürokratie aufgehalten, die Besatzungsmitglieder werden festgenommen oder sie werden angegriffen.
Angst, so versichern sowohl García als auch Borrego, hätten sie dennoch nicht. «Für uns ist es vor allem ein Privileg, hier zu sein», versichert García. Für die Teilnahme an der Hilfsflotte hatten sich mehr als 30.000 Menschen beworben.
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