Sexuell übertragbare Infektionen nehmen in Málaga innerhalb eines Jahrzehnts um das Fünffache zu
Verlust der Risikowahrnehmung bei Jung und Alt sowie die Zunahme von Sex-Dating über Apps gelten als die Hauptursachen
José Antonio Sau
Samstag, 6. September 2025
Die wohl vielen im Gedächtsnis gebliebene Werbekampagne «Póntelo, pónselo», die Anfang der 1990er Jahre aufgrund der galoppierenden Zunahme von HIV in Bevölkerungsgruppen aller Altersklassen die Verwendung von Kondomen in sexuellen Beziehungen empfahl, wäre auch heute sehr nützlich. Das jedenfalls versichert Leandro Martínez Pilar, zuständig für die Region Andalusien bei der Spanischen Akademie für Dermatologie und Venerologie (AEDV) und Leiter des Dermatologischen Dienstes des regionalen Universitätskrankenhauses. Der Grund: Sexuell übertragbare Infektionen (kurz STI für Sexually Transmitted Infections) haben sich in Málaga in einem Jahrzehnt (2014-2024) verfünfacht. Das geht aus Daten des Ministeriums für Gesundheit und Verbraucherfragen in Bezug auf Fälle von meldepflichtigen Krankheiten (EDO) hervor.
Vor diesem statistischen Hintergrund erhält der Welttag der sexuellen Gesundheit, der am Donnerstag begangen wurde, eine noch größere Bedeutung. Im Jahr 2024 gab es in Málaga 2.992 STI-Diagnosen im Vergleich zu 601 im Jahr 2014, so dass diese Infektionen in in nur zehn Jahren in der Provinz um 397,8 Prozent gestiegen sind. Der Zuwachs zwischen 2023 und 2024 beträgt 16,2 Prozent. Dabei ist die Provinz kein Einzelfall, sondern spiegelt die allgemeinen Entwicklung in den übrigen andalusischen Provinzen und ganz Andalusien wider, wobei Málaga nach Sevilla die zweite Provinz mit den meisten Sexualpathologien im Jahr 2024 war. Das war aufgrund der höheren Bevölkerungszahl und des starken Tourismus zu erwarten. In ganz Andalusien sind STI zwischen 2014 und 2024 um 413 Prozent gestiegen, was einer Vervielfachung um 5,13 entspricht (14.613 Fälle im Jahr 2024).
Der gleiche Trend wie in Málaga ist in Andalusien, Spanien und Europa zu beobachten, so der Dermatologe und Venerologe Leandro Martínez Pilar.
Nach Krankheiten verzeichnete die Gonokokken-Infektion die meisten Fälle (1.207 Diagnosen, +1.981 Prozent), gefolgt von Syphilis (617 Fälle, +626 Prozent), Chlamydien (954, +507 Prozent) und Genitalherpes (149 Fälle, +40,5 Prozent). Es gibt aber auch eine leicht positive Entwicklung: 2024 wurden insgesamt 182 Fälle von HIV gemeldet, gegenüber 195 im Jahr 2014.
Auch in ganz Spanien ist das Wachstum exponentiell. «In zwei Jahrzehnten hat sich die Zahl von Tripper um 25 und Syphilis um 10 Prozent erhöht», sagt Martínez Pilar. «Das unterscheidet sich nicht sehr von dem, was in ganz Europa passiert», fügt er hinzu und verweist auf mehrere Ursachen: Die Risikowahrnehmung der neuen Generationen sei minimal, erklärt er. Obwohl AIDS ein Virus sei, das zu einer schweren Krankheit führe, sei es chronisch geworden, «man stirbt nicht daran», und es seien sogar prophylaktische Behandlungen entwickelt worden, bevor man mit dem Virus sexuell in Kontakt komme. Die Krankheit werde einfach nicht mehr so sehr gefürchtet.
Außerdem, so der Mediziner, seien die Schutzbarrieren und die Verwendung von Kondomen gelockert worden, während es gleichzeitig zahlreiche Sex-Dating-Apps gebe, die zu mehrfachen sexuellen Kontakten mit verschiedenen Partnern anregten. Eine weitere Ursache könnte der sogenannte «Chemsex» sein, also Sex zwischen Menschen, die Rauschmittel konsumiert haben, was ebenfalls die Schwelle der Gefahrenwahrnehmung senkt. «Die Daten sind kritisch: Wir müssen große Kampagnen starten, um die jüngere und die nicht mehr ganz so junge Generation zu sensibilisieren», erklärt Martínez Pilar und weist darauf hin, dass die Zahl der Geschlechtskrankheiten in letzter Zeit auch bei den über 60-Jährigen zugenommen habe.
Schwerwiegende Folgen
Der Arzt erinnert daran, dass Gonorrhoe beispielsweise Unfruchtbarkeit verursachen kann und Syphilis in sehr fortgeschrittenen Stadien das zentrale Nervensystem angreife. «Manche Menschen haben Glück. Sie lassen Chlamydien hinter sich und werden manchmal mit Antibiotika für andere Prozesse behandelt und so geheilt, aber Chlamydien können Unfruchtbarkeit verursachen», sagt er und rät, bei verdächtigen Symptomen einen Arzt aufzusuchen, um die Ansteckungskette zu unterbrechen. Er weist jedoch darauf hin, dass es sich bei der häufigsten Krankheit um HPV oder Feigwarzen handelt (die in den abgefragten Daten nicht enthalten sind). «Genitalwarzen sind das, was wir am häufigsten sehen. Wenn eine Frau nicht geimpft ist, können sie Gebärmutterkrebs verursachen; bei Männern können sie, wenn auch viel seltener, Penis- oder Anuskrebs hervorrufen. Die Impfung deckt die gängigsten Serotypen ab und beugt Gebärmutterhalskrebs vor», sagt er.
Celia Fernández Nieto ist Internistin bei Vithas Málaga und erklärt, dass es schon seit vielen Jahren viele Sexualpraktiken gebe wie zum Beispiel «Chemsex» oder «Sex mit mehreren Partnern, auch in einem einzigen Akt, aber sie waren weniger häufig». Sie weist auf die Notwendigkeit hin, junge Menschen darüber zu informieren, dass sie «Beziehungen auf sichere Weise führen» und beim Auftreten von Symptomen zum Arzt gehen sollten. «Seit einigen Jahren stellen wir in Spanien auch einen Anstieg der Inzidenz und Prävalenz von HIV fest», sagt sie, und: «Ich glaube, wir verlieren die Angst vor einigen Krankheiten, weil es einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung gibt und fast alles behandelt werden kann, aber es fehlt an Studien, um die Ursachen zu ermitteln.«
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