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MANUEL MEYER
MADRID.
Donnerstag, 29. Mai 2025
Deutschlands neuer Außenminister Johann Wadephul (CDU) wollte am Montag bei seinem Antrittsbesuch in Madrid eigentlich ein Bild der Harmonie vermitteln. Gemeinsam mit seinem spanischen Amtskollegen José Manuel Albares unterstrich Wadephul die hervorragenden bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern.
Gerne erinnerte Wadephul auch daran, dass Spanien zu den beliebtesten Urlaubsländern der Deutschen zählt. Fast 11 Millionen Deutsche hätte vergangenes Jahr Spanien besucht.
Neben der Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gerade im Bereich erneuerbarer Energien und Wasserstoff, bei denen er Spanien in Europa eine «Schlüsselrolle» und «Vorreiterrolle» zusprach, hob Wadephul auch die wichtige Brückenfunktion Spaniens bei den Verbindungen zwischen Europa und Lateinamerika hervor. Vor allem mit Blick auf die seit Jahren laufenden Verhandlungen eines Freihandelszonenabkommens zwischen der EU und den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten.
Natürlich war auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine Gesprächsthema und einmal mehr forderten Wadephul und Albares einen sofortigen Waffenstillstand und Gespräche zu einem gerechten Frieden. «Die Ukraine kann sich auf Europa, Deutschland und Spanien verlassen», unterstrich Außenminister Wadephul.
Beide betonten, dass die Herausforderungen bei Verteidigungs- und Sicherheitsfragen nur mit einer engen europäischen Zusammenarbeit zu bewältigen seien, wobei aber auch die transatlantische Partnerschaft mit den USA «elementar» sei.
Doch dann wollten die anwesenden Journalisten auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Madrid mehr über die deutschen und spanischen Positionen im Nahost-Konflikt wissen, was zum Teil große Unstimmigkeiten und Differenzen zwischen Spanien und Deutschland offenlegte.
Im Ziele war man sich einig: «Es muss einen sofortigen Waffenstillstand geben. Es muss sofortige humanitäre Hilfe geben, und dann muss es einen konstruktiven Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung geben, zu dem auch der Gazastreifen auf palästinensischer Seite gehören wird», sagte Außenminister Wadephul.
In diesem Sinne äußerten sich am Sonntag auch die 20 arabischen und europäischen Länder auf einem Treffen in Madrid, an dem auch Deutschland teilnahm und mit dem neuer Schwung in die Verhandlungen zu einer Zweistaatenlösung gebracht werden sollte – als «einzige Alternative zu einem dauerhaften Ende des Nahostkonflikts zwischen Israel und Palästina», erklärte Spaniens Außenminister Albares.
Doch während Spanien ein Waffenembargo fordert, um Israel zur Beendigung seiner Militäroffensive und den freien Zugang von Hilfsgütern im Gazastreifen zu zwingen, lehnte Wadephul einen solchen Schritt entschieden ab. Auch war er nicht mit einer Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel einverstanden, zu dem Spanien die Europäische Union drängt. Dabei erinnerte Wadephul an Deutschlands besondere historische Verantwortung gegenüber Israel.
Einen Stopp von deutschen Waffenexporten nach Israel lehnt Wadephul ab. Israel sei zahlreichen Gefahren von außen ausgesetzt, etwa von der Hisbollah, den Houthi und aus dem Iran, sagte Wadephul in Madrid. All diese Akteure hätten die Vernichtung Israels zum Ziel. Zugleich sei das Existenzrecht Israels Teil deutscher Staatsraison. Die Bundesregierung sei daher dazu verpflichtet, Israel bei der Gewährung seiner Sicherheit Beistand zu leisten, und dazu gehörten auch Waffenlieferungen.
Trotz dieser klaren Haltung gegenüber Israel betonte Wadephul mehrfach die schwierige Balance, in der sich Deutschland derzeit befindet. «Wir stehen eindeutig an Israels Seite, aber wir dürfen dabei nicht das Schicksal der Menschen im Gazastreifen außer Acht lassen. Die humanitäre Situation ist unerträglich und sie muss schnell verbessert werden». Die Lage im Gazastreifen sei «ein großes politisches und moralisches Dilemma für uns», betonte Außenminister Wadephul in Madrid.
Wadephul sprach sich zudem gegen die von Spanien geforderte Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel aus. Das Abkommen sei richtig und müsse bewahrt werden, sagte Wadephul bei seinem Besuch in Madrid. Dies heiße aber nicht, dass man eine israelische Regierung nicht kritisieren dürfe. Das Abkommen sei allerdings mit dem Staat Israel geschlossen worden und nicht mit der Regierung.
Die EU hatte kürzlich – auf Initiative von 17 der 27 Mitgliedsstaaten, darunter Spanien und Luxemburg – beschlossen, das Abkommen zu überprüfen. Die Debatte in Brüssel verdeutlicht den wachsenden Druck innerhalb der EU, Israels Politik im Gazastreifen nicht länger ohne Konsequenzen hinzunehmen. In Madrid wurde aber auch einmal mehr klar, dass es längst keine Einigkeit zu diesem Thema gibt.
Nicht nur bei der Haltung gegenüber Israel traten beim Antrittsbesuch des neuen deutschen Außenministers Johann Wadephul Differenzen zwischen Spanien und Deutschland zutage: auch in der Debatte um höhere Verteidigungsausgaben gibt es noch Klärungsbedarf.
Auf die Journalisten-Frage, ob Spanien bereit sei, das Verteidigungsbudget perspektivisch auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen – wie es US-Präsident Donald Trump für alle Nato-Staaten gefordert hatte – reagierte Spaniens Außenminister José Manuel Albares ausweichend.
Spanien leiste im Verteidigungssektor so große Anstrengungen wie nie zuvor, betonte Albares auf der Pressekonferenz mit Wadephul in Madrid. Das bestehende Nato-Ziel von zwei Prozent BIP sei «realistisch».
Ob das künftig reicht, ist fraglich. Fast zeitgleich hatte Nato-Generalsekretär Mark Rutte in den USA erklärt, er rechne damit, dass beim Nato-Gipfel im Juli ein neues Ziel von fünf Prozent beschlossen werde.
Mit Militärausgaben von rund 1,3 Prozent des BIP gehört Spanien – wie Portugal mit 1,7 Prozent – zu den größten Nachzüglern in der Nato. Erst im April hatte die Regierung in Madrid angekündigt, dieses Jahr das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen. Eigentlich war dies erst für 2029 geplant. Madrid will dafür knapp 10,5 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben, rund 50 Prozent mehr als bisher.
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