Auf Messers Schneide
Die Regierung Sánchez steht immer mehr unter Druck – aber die Koalitionspartner sind nicht zum Bruch bereit
Uwe Scheele
Mittwoch, 17. Dezember 2025
Seit Monaten häufen sich die Korruptionsskandale in Spaniens sozialistischer Regierungspartei PSOE, jetzt kommen auch noch Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen ranghohe Parteimitglieder hinzu. Die Vizeregierungschefin und Vorsitzende des kleineren Koalitionspartners Sumar, Yolanda Díaz, forderte eine radikale Umgestaltung der Regierung – aber Ministerpräsident Pedro Sánchez hält an seiner Regierungsmannschaft fest. Vertrauensfrage im Parlament oder Rücktritt lehnt er kategorisch ab. Ist das verwerflich?
Tatsache ist, dass Sánchez die Korruption in den Reihen sehr enger Mitarbeiter früher hätte erkennen müssen. Er hat sich dafür entschuldigt, auch für die Fälle von Übergriffigkeiten gegen Frauen in der eigenen Partei. Reicht das? Seit langem fordert die Opposition Neuwahlen, weil sie keine Chance hat, die Regierung mit einem Misstrauensantrag zu stürzen. Das wurde nach den letzten Wahlen klar, als PP-Chef Alberto Núñez Feijóo zwar die Mehrheit der Parlamentssitze errang, aber keine Regierungsmehrheit auf sich vereinen konnte.
Sánchez ging jetzt zum Gegenangriff über, warnte einmal mehr vor einer rechten und rechtsextremen Regierung, die «der größte historische Fehler für Spanien» sei. Denn anders als die PSOE findet die konservative PP derzeit kaum einen geeigneten Koalitionspartner, ist schon in mehreren Regionalparlamenten Koalitionen mit der rechtsextremen Partei Vox eingegangen, die mit der deutschen AfD vergleichbar ist. Für diese Partei war Franco kein Diktator, Feministinnen werden als 'Feminazis' beschimpft, Frauenrechte und Gleichstellung werden bekämpft, der Klimawandel und Rechte der autonomen Regionen – insbesondere von Katalonien und dem Baskenland – geleugnet.
Das wissen Sánchez' Koalitionspartner, üben zwar Kritik, sind aber nicht zum Bruch bereit. Allen ist aber auch klar – und selbst innerhalb der PSOE verstärkt sich diese Einsicht –, dass die Amtszeit von Pedro Sánchez sich dem Ende zuneigt. Jetzt geht es darum sich in eine möglichst günstige Ausgangsposition zu bringen. Die PSOE versucht das einmal mehr mit dem Hinweis auf die gute wirtschaftliche Lage des Landes. Und jüngst mit einem an das Deutschlandticket angelehnten 60-Euro-Ticket für Bus und Bahn.