Immer mehr Europäer wählen kleine Dörfer in der Axarquía wie Cómpeta oder Canillas de Albaida
Nicht die Küstenorte, sondern kleine Bergdörfer der Axarquía sind für viele die erste Wahl. Was macht den Reiz aus und wie verändert sich dadurch das Leben in der Region?
Emilia Hubert
Cómpeta
Freitag, 22. August 2025
Wer von der Küste aus Richtung Berge fährt, stößt nach einigen Serpentinen auf ein anderes Andalusien. Weiße Häuser schmiegen sich an steile Hänge, Olivenhaine und Mandelbäume umrahmen die Dörfer und der Blick reicht bis zum glitzernden Mittelmeer. Orte wie Cómpeta, Canillas de Albaida oder Sayalonga liegen nur rund 30 Autominuten von der Küste entfernt und doch scheint die Zeit hier langsamer zu vergehen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum sich immer mehr Menschen aus Nordeuropa hier niederlassen.
In Cómpeta sind laut Gemeindestatistik rund 37 Prozent der Einwohner Ausländer, vor allem aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und den Niederlanden. In Canillas de Albaida liegt der Anteil sogar bei knapp 50 Prozent. Viele dieser Neubürger kamen zuerst als Urlauber, kehrten immer wieder zurück und kauften irgendwann eine Immobilie. Andere suchten gezielt einen ruhigeren Ort zum Leben oder Arbeiten, sei es im Ruhestand oder für einen persönlichen Neuanfang.
«In der Pandemie haben wir gemerkt, dass wir nicht mehr zurück in unser altes Leben wollten», sagt Marlene Jansen, die 2021 gemeinsam mit ihrem niederländischen Mann Pieter nach Canillas gezogen ist. «Wir arbeiten online, haben das Meer in der Nähe und leben in einer intakten Dorfgemeinschaft. Das wäre an der Küste so nicht möglich gewesen.»
Der Boom der Dörfer
Was auf den ersten Blick wie eine romantische Aussteiger-Story wirkt, basiert oft auf klaren Überlegungen. Die Immobilienpreise in den Dörfern liegen noch immer deutlich unter dem Niveau der Küste, auch wenn sie zuletzt gestiegen sind. Ein freistehendes Haus mit Garten ist in Cómpeta teils schon ab 180.000 Euro zu finden. Vergleichbare Objekte in Küstennähe kosten oft das Doppelte. Hinzu kommt das Klima: Auch wenn es heiß ist, wirken die Temperaturen in der Höhe weniger drückend als an besonders heißen Tagen in Málaga oder Torrox.
«Die Nachfrage hat in den vergangenen drei Jahren spürbar angezogen», berichtet ein Immobilienbüro aus Sayalonga, das sich auf ländliche Objekte spezialisiert hat. Die Kundschaft kommt überwiegend aus dem europäischen Norden. Viele mit konkreten Vorstellungen, manche mit der Idee eines kleinen Tourismusprojekts. Der Wunsch nach einem entschleunigten Lebensstil spielt dabei oft eine zentrale Rolle.
Wandel für die Region
Mit dem Zuzug verändert sich auch das Dorfleben. In Cómpeta sieht man diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Einerseits profitieren Handwerksbetriebe, Restaurants und kleine Läden. Die Zahl leerstehender Häuser sinkt. Andererseits steigen die Immobilienpreise und nicht alle Zugezogenen integrieren sich. «Es gibt Menschen, die seit Jahren hier leben, aber kein Wort Spanisch sprechen», sagt eine ältere Spanierin aus Cómpeta, die anonym bleiben möchte. «Das ist schade. Wir wünschen uns Austausch, keine Enklaven.»
Dass Integration möglich ist, zeigen Beispiele wie das Nachbarschaftsnetzwerk in Canillas de Albaida. Hier organisieren Einheimische und Ausländer gemeinsam Dorffeste oder helfen sich gegenseitig im Alltag. In Cómpeta bieten einige Neubürger Sprachcafés an oder engagieren sich bei den Vorbereitungen der Ferias.
Dennoch bleibt die Herausforderung, das Gleichgewicht zu wahren. Denn mit jedem neuen Zuzug verändert sich das soziale Gefüge ein Stück weit. Was viele als authentisch und ursprünglich suchen, verändert sich durch ihre eigene Anwesenheit nach und nach.
Auch politisch wird der Trend zunehmend wahrgenommen. In den Gemeindeverwaltungen der Axarquía setzt man auf zweisprachige Kommunikation und digitale Dienste. Doch die Infrastruktur hinkt oft hinterher. Internetverbindungen sind nicht überall zuverlässig, der öffentliche Nahverkehr ist schwach ausgebaut, und abseits der Hauptorte gibt es nur begrenzte medizinische Versorgung.
Trotzdem überwiegt für viele Zugezogene das Positive. «Wir haben weniger, aber wir leben mehr», sagt Bob Taylor, ein britischer Rentner, der vor zwei Jahren ein Haus in der Nähe von Cómpeta gekauft hat. Die Sonne, das einfache Leben, die Natur direkt vor der Tür. Für viele ist es genau der Neustart, den sie sich gewünscht haben.
Ob der Trend anhält, hängt auch davon ab, wie sich die Region ökologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich entwickelt. Klar ist: Die kleinen Dörfer der Axarquía sind längst mehr als ein Geheimtipp. Sie sind ein europäischer Mikrokosmos zwischen Olivenbäumen und Orangenhainen.
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