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Prozess

Trotz Mangels an Beweisen

Der Oberste Gerichtshof verurteilt den Chefankläger des Landes – herber Rückschlag für Premierminister Pedro Sánchez

UWE SCHEELE

Donnerstag, 27. November 2025

Im Zweifel gegen den Angeklagten. Die Verurteilung des spanischen Chefanklägers zu einem zweijährigen Amtsverbot stellt das international gültige Rechtsprinzip 'in dubio pro reo' auf den Kopf. Aber der Prozess gegen den Generalstaatsanwalt vor Spaniens Oberstem Gerichtshof war kein normaler Prozess. Er war von Anfang an politisch motiviert, ebenso wie die schnelle Bekanntgabe des Urteils ohne Urteilsbegründung. Es gab für den Schuldspruch keine handfesten Beweise, sondern nur Indizien und «Schlussfolgerungen». Dem standen zahlreiche Aussagen von Journalisten gegenüber, die den angeblichen Geheimnisverrat widerlegten. Nur weil diese von ihrem verfassungsmäßigen Recht des Informantenschutzes Gebrauch machten, spielten sie für das Gericht keine Rolle.

Worum es eigentlich ging: Der Pressechef von Madrids rechtsgerichteter Regionalpräsidentin Díaz Ayuso hatte eine Falschmeldung über das Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Ayusos Lebenspartner in die Welt gesetzt, die von konservativen Medien aufgegriffen wurde. Quellen aus der Generalstaatsanwaltschaft widerlegten die Falschmeldung mit einer Mail des Anwalts von Ayusos Lebenspartner, der sich offenbar während der Corona-Pandemie am Kauf von Masken bereichert und Steuern im sechsstelligen Bereich hinterzogen hatte. Der Anwalt wollte einen Deal mit der Staatsanwaltschaft, Ayusos Pressechef hatte dies gezielt falsch dargestellt.

Auch das Gericht war geteilter Meinung, zwei fortschrittliche Richter werden ihre vom Urteilsspruch abweichende Meinung veröffentlichen. Das Verfahren hat einmal mehr gezeigt, wie tief gespalten das Land ist, selbst in juristischen Kreisen. Im linken Parteispektrum spricht man von einem 'juristischen Handstreich', rechte Kreise triumphieren und fordern den Rücktritt von Regierungschef Sánchez, der an der Unschuldsvermutung festgehalten hatte. All das sind Auswirkungen der juristischen Krise, als nach dem Regierungswechsel im Jahr 2018 die Konservativen sich weigerten, den obersten Richterrat neu zu besetzen. Denn dort hatten nach Jahren der PP-Regierung konservative Richter das Sagen. Die parteiübergreifende Verständigung, die nach Francos Tod vor 50 Jahren die Rückkehr zur Demokratie ermöglichte, ist lange vorbei.

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