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Diplomatie

Der Schweiger im Weißen Haus

Kanzler Friedrich Merz hat den Auftritt bei Donald Trump am Kamin des Oval Office gut überstanden

WOLFGANG STEPHAN

Donnerstag, 12. Juni 2025

Das war doch mal eine gute Nachricht aus den USA: Kanzler Friedrich Merz hat den Auftritt bei Donald Trump am Kamin des Oval Office gut überstanden. Mit heilem Seelenfrieden und offenbar auch ohne körperliche Schäden verließ der Kanzler den Ort, an dem Trump schon so manchen Regierungschef übel heruntergeputzt hatte. Ein jovialer Schenkelklopfer des US-Präsidenten wurde gar als Freundschaftsgeste gewertet.

Friedrich Merz «knackt den Trump-Code», titelt die renommierte New York Times nach dem skandalfrei verlaufenen Antrittsbesuch. Die Beobachter der Weltpresse waren sich einig, dass Merz gut beraten war, den US-Präsidenten reden zu lassen. Ohne ihn zu unterbrechen. Das Niveau der langen Trump-Monologe lag auf der unteren Ebene der politischen Intelligenz-Skala: «Er ist ein guter Mann, ein schwieriger Mann, würde ich sagen.» Das sei positiv gemeint. Der deutsche Kanzler nickte artig und lächelte verlegen beim nächsten Kompliment. «Herr Merz ist ein großer Mann. Sein Englisch ist ausgezeichnet.» Der neue Kanzler sei «eine Art Stellvertreter seiner schönsten Vorstellungen von Deutschland».

Na ja. Merz kam dann immerhin zu Wort, wenn es um den Ukraine-Krieg ging, vor allem mit seinem klaren Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine. Bei dem Thema gab Trump dann offen einen Einblick in seine Gemütslage: Manchmal müsse man prügelnde Jungs im Park einfach eine Weile in Ruhe lassen, bis sie sich ausgeprügelt haben. Ha, ha, ha.

Das Magazin Focus bilanzierte: Während Trump auf insgesamt knapp 36 Minuten Redezeit kam, waren es bei Merz drei Minuten und 50 Sekunden – vier Minuten Ballbesitz bei 40 Minuten Spielzeit. Klar, dass für kritische Themen wie Trumps Zollkriege oder den Entzug von Einreise-Visa für deutsche Studenten keine Spielzeit blieb. Die FAZ lobte: «Es hätte für Merz nicht besser laufen können.»

Was sind das für Zeiten, wenn Europa froh sein muss, wenn ein deutscher Kanzler im Weißen Haus nicht beschimpft wird?

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