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Antonio Olmo begleitet den Traktor, eine typische Szene während der Olivenernte auf einer Finca bei Campillos. Antonio Contreras
Ein Tag bei der Olivenernte

Olivenernte in der Provinz Málaga: «Olivenbäume sind wie Wasser, ohne sie gibt es kein Leben»

SUR begleitet eine Gruppe von Tagelöhnern auf einer Finca in der Nähe von Campillos: Schaffen in aller Frühe, Kälte und eine Menge Ehrlichkeit

Matías Stuber

Campillos

Freitag, 28. November 2025

Der Olivenbaum ist aus dem Mittelmeerraum nicht wegzudenken. In der Antike galt er als heiliger Baum, im alten Athen war es ein Verbrechen, ihn zu zerstören. Ein alter, knorriger Olivenbaum hat eine mystische Aura. Der vermutlich älteste steht auf Kreta, ist mindestens 2.000 Jahre alt und trägt immer noch Früchte.

Antonio Olmo, knapp über 50, trägt ein blaues T-Shirt mit dem Dcoop-Logo der Agrargenossenschaft. Jeder Stierkämpfer wäre wohl stolz auf seine Koteletten, die aus einer Kappe ragen, die ihn später vor der Sonne schützen wird. Er geht mit festem, entschlossenem Schritt, als hätte er es sehr eilig, zum nächsten Baum zu kommen.

Es gibt Hände, die Geschichten erzählen. Antonios Hände sind rau und haben mehr Grip als manch Reifen. Bevor die Arbeit losgeht, hat er noch Zeit, sich eine Zigarette zu drehen und ein paar Züge zu genießen. Die Straße vor ihm ist nass und glitzert hier und da im Raureif. Aus der Vogelperspektive sieht es aus wie eine dünne Schicht Puderzucker. Echte Kälte, sagt Antonio, bedeute, dass einem die Finger und Zehen wehtun. Eine Lektion, die er schon als Kind gelernt habe. «Das erste Mal, als ich Oliven pflückte, war ich zwölf Jahre alt. Mein Lohn waren 2.400 Pesetas. Damals las ich die Oliven noch vom Boden auf», erinnert er sich.

Wenn Antonio an diesem frostigen frühen Morgen spricht, stößt er kleine Wölkchen aus. Begleitet wird er von einem jungen Mann aus Campillos, Iván Leal. Er ist schmächtiger und noch keine 30. Auch er hält sich die Hände vor den Mund, um sich aufzuwärmen. Dann bedauert er, dass Feldarbeit von vielen als Versagen im Leben angesehen werde.

In dieser Truppe fehlt noch ein Mitglied: Benito Avilés, der so etwas wie die Rolle des Vorarbeiters übernimmt. Sein Glück: Er fährt einen Traktor mit Heizung und Radio. Der John Deere-Traktor ist mit einer Art Schirm ausgestattet, der sich auf Knopfdruck öffnet und schließt und sich dabei kreisförmig unter die Äste des Olivenbaums schiebt. Kein Zweifel, auch in der Olivenernte haben Maschinen ihre eigene industrielle Revolution eingeläutet.

Wir befinden uns etwa 65 Kilometer von der Provinzhauptstadt entfernt auf der Finca Montepilar bei Camppillos. Die Landschaft ist von Olivenhainen geprägt, und nicht nur ein Blick auf den Kalender zeigt, dass die Olivensaison jetzt Fahrt aufnimmt. Kaum ein Feld, auf dem nicht geerntet oder die Ernte vorbereitet wird. Der genaue Zeitpunkt der Ernte hängt von der Lage ab. Jede Olive ist zunächst blass, fast weiß, und dann grün. Erst wenn sie reif ist, färbt sie sich schwarz. Seit Jahrhunderten zeigt diese Farbe an, dass es an der Zeit ist, die kleinen Früchte zu ernten und in die Ölmühle zu bringen. Jetzt ist es so weit.

Als wir auf dem Landgut ankommen, ist es sieben Uhr morgens und die Beschreibung des Horizonts kann sich auf Folgendes beschränken: Olivenbäume und noch mehr Olivenbäume. In beinahe militärischer Strenge angeordnet, verankert auf ockerfarbener Erde. Die Landschaft ist monoton und hat eine beruhigende Wirkung auf die Sinne.

Der Empfang durch die Tagelöhnertruppe ist herzlich. Benito Avilés weiß zweifellos alles über Olivenbäume, ist Olivenbauer aus Familientradition. Gerne sagt er Dinge wie «das Leben auf dem Land ist nunmal so» oder «das Leben hier hat seine guten und seine schlechten Seiten». Sein Lieblingsspruch: «Olivenbäume sind wie Wasser, ohne sie gibt es kein Leben. Ohne sie gäbe es niemanden mehr in den Dörfern».

Als Benito den Traktor in den Olivenhain steuern, wird er Antonio und Iván zu Fuß begleitet. Früher mussten sie schwere Strohbündel unter die Bäume legen, um die Früchte aufzufangen, die sie mit Stöcken von den Ästen schlugen, bis ihre Unterarme taub wurden. Dieser körperliche Einsatz wird jetzt von Maschinen übernommen. Am Ende des siebenstündigen Arbeitstages erhalten sie einen Lohn von 70 Euro. «Wir arbeiten von Montag bis Samstag, solange es nicht regnet», erklärt Iván. In einer Woche, in der es keine Wetterkapriolen gibt, verdient er 420 Euro.

«Das Wichtigste, um auf Land zu überleben, ist ein gut sortierter Kopf», betont Benito. Oft habe er erlebt, wie vielversprechende junge Tagelöhner zu ihm kamen, die die Olivenbäume gut bearbeitet hätten. Dann sei das Wochenende gekommen und sie hätten ihren Lohn versoffen. «Am darauffolgenden Montag kamen sie nicht mehr», beklagt er. In Iván hingegen hat er riesiges Vertrauen und möchte ihm alles beibringen, was er über Oliven weiß.

Zu jedem Schritt bei der Olivenernte gehört eine vorab gelernte Lektion. «Es geht nicht darum, wahllos mit Stöcken auf den Baum einzuschlagen. Wenn man das tut, bricht man die Äste ab und jeder Ast ist Geld. Es ist eher ein sanftes Begleiten», sagt Benito und kreist mit den Schultern, um die Bewegung mit den Händen zu simulieren.

Baum an Baum sind die Olivenbäume wie Perlen aufgereiht. Antonio Contreras

Die Sonne rückt immer weiter vor. Der Raureif verschwindet und je höher das Thermometer steigt, umso intensiver werden die Aromen. Die Luft ist getränkt von Salbei- und Rosmarindüften, es riecht nach Olivenöl. Das Licht fällt schwach und milchig durch den Olivenhain. Als Außenstehender möchte man die Arbeit geradezu romantisieren, Bandscheibenvorfälle der Landarbeiter aber singen ein anderes Lied.

«Es ist eine harte und sehr ehrliche Arbeit. Gleich ob man viel oder wenig verdient, man hat es sich ehrlich verdient», sagt Antonio und strahlt dabei die Würde des einfachen Mannes aus.

Ein Tropfen Öl, drei Tropfen Schweiß

Der größte Teil der Bevölkerung der kleinen Dörfer im Gebiet von Antequera lebt vom Olivenanbau. Da viele nur während der Erntezeit arbeiten, ist die Arbeitslosenquote weiterhin hoch. Es gibt noch immer Großgrundbesitzer. Und noch immer ist die Arbeit hart. Auf die Frage, ob er sich ausgebeutet fühlt, weil er für jemanden arbeite, den man früher als Señorito bezeichnet hätte, gibt Antonio zu bedenken: «Das System ist eben so. Wir sind alle Sklaven von irgendetwas, auch wenn du in einem Büro sitzt, oder?«

Der Tag schreitet voran und inzwischen sind bereits 300 Olivenbäume abgeerntet. Die Früchte werden von dem riesigen Schirm in einen Anhänger gekippt. Die Genossenschaft von Campillos, das wirtschaftliche Herz der Gegend, hält alle umliegenden Dörfer am Leben. Die Arbeit auf dem Land ist wie ein Dominostein. Ein Dominostein fällt und zieht den nächsten nach sich und setzt eine verhängnisvolle Kaskade in Gang, von der niemand so recht weiß, wie sie aufzuhalten ist. Der Dominostein, der hier alle anderen umwirft, ist die Dürre. «Die Regenfälle in diesem Frühjahr haben uns eine Verschnaufpause verschafft», erklärt Benito. In den vorherigen, extrem trockenen Jahren hatte er bei nur geringen Ernten keine andere Wahl, als Lohnausfälle hinzunehmen. Für diese Saison rechnet die andalusische Landesregierung mit einer Ernte von 305.000 Tonnen in der Provinz Málaga, 54,8 Prozent mehr als im letzten Jahr.

Die Sonne steht jetzt hoch am Himmel, bei der Kleidung greift das Zwiebelprinzip. Die Berge sind nur noch als schwache Umrisse zu erkennen, es gibt keine einzige Wolke am Himmel und die Tagelöhnertruppe kann sich über einen «idealen Arbeitstag» freuen. In Wirklichkeit, sagt Benito, seien Tage wie heute aber die Ausnahme. «Der Anfang der Saison ist so. Aber im Dezember und Januar... da geht es richtig rund und wir gehen auf dem Zahnfleisch», bekräftigt er.

Wenn alles gut geht, wird er seinen Leuten bis April oder Mai Arbeit anbieten können. Trotz des maschinellen Fortschritts gilt nach wie vor das alte Sprichwort: ein Tropfen Öl, drei Tropfen Schweiß.

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