Alfred Scheller und Renate Baumann wollen die Katholische Gemeinde an der Costa del Sol am Leben erhalten
Der Geistliche aus Unterfranken und die Gemeindereferentin im Ruhestand bekommen keinen neuen Vertrag mehr, wollen aber trotzdem weitermachen
Dietmar Förster
Marbella
Samstag, 21. Juni 2025
Alfred Scheller und Renate Baumann erinnern sich noch genau, wie sie am 8. Juni 2001 im Süden Spaniens mit ihrem Auto ankamen, um den Dienst in der Deutschen Katholischen Gemeinde an der Costa del Sol anzutreten. Seit nun knapp mehr als 24 Jahren sorgen der Pfarrer und die Gemeindereferentin im Ruhestand dafür, dass es an den Wochenenden in den Kirchen El Ángel in Marbella und Santiago El Mayor in El Morche (Torrox) Gottesdienste in deutscher Sprache gibt, ein Seelsorge-Angebot existiert und Kinder deutscher Eltern Erstkommunion und Firmung feiern können. Dazu kommen Hochzeiten, Beerdigungen und Beistand. «Wir haben die Entscheidung, an die Costa del Sol zu kommen, nie bereut», sagt Pfarrer Scheller, der sich seinerzeit auf die Stelle – eine von 160 der Katholischen Kirche im Ausland – beworben hatte, unter anderem weil ihm das Rheuma in Deutschland immer mehr zu schaffen machte und ihm vom Arzt ein wärmeres Klima empfohlen wurden. Nach 15 Jahren im unterfränkischen Saal an der Saale und Verantwortung für mehrere Kirchengemeinden begann für den Geistlichen und seine treue Begleiterin im Amt ein neues Leben.
Der Vertrag ging anfangs über drei Jahre und wurde bisher acht Mal verlängert. Im November 2024 wurde ihm unter anderem mitgeteilt, dass die Katholische Kirche mit fehlenden Mitteln zu kämpfen hat und bereits 600.000 Euro bei der Auslandsarbeit einsparen musste. Nachdem bereits einigeGemeinden außerhalb Deutschlands geschlossen worden waren, wird nun auch an der Sonnenküste der Rotstift angesetzt und die Gemeinde kann fortan nicht mehr mit finanzieller Unterstützung aus der Heimat rechnen.
Ob die Heiligen Messen am 21. und 22. Juni in Torrox und Marbella aber nun tatsächlich Abschiedsgottesdienste werden, steht in den Sternen. Sowohl 'Don Alfredo', wie der Pfarrer hier unten liebevoll genannt wird, als auch Renate Baumann sind gesundheitlich angeschlagen und werden den üblichen Sommeraufenthalt in Deutschland dafür nutzen, sich medizinisch behandeln zu lassen, wollen aber spätestens im Oktober wieder zurück sein in ihrem Apartment in Calahonda, das sie vor einiger Zeit gekauft haben. «Die Gegend hier und die Menschen sind uns ans Herz gewachsen und wir fühlen uns sehr wohl. Es sind viele Freundschaften entstanden und es würde uns schwer fallen, das hier aufzugeben», sagt Renate Baumann. Beide sind sich einig, dass sie auch ohne offiziellen Vertrag gerne Gemeindearbeit leisten würden und haben vom Bischof in Málaga, der ihnen quassi das Hausrecht in Málaga gewährt, bereits positive Zeichen erhalten. «Es hängt aber alles davon ab, wie es sich bei uns gesundheitlich weiterentwickelt und in welchem Rahmen ein weiteres Engagement überhaupt möglich wäre», betont Alfred Scheller.
Am 8. Juni 2001 kamen die beiden mit ihrem Auto an der Costa del Sol an und fühlen sich hier immer noch sehr wohl
Das eingespielte Gespann, das der Glaube an Gott vereint und schon so lange durch Dick und Dünn geht, erinnert sich an den holprigen Start, als sie im März 2001 einen Unfall bei Heidelberg hatten und wegen des kaputten Autos erstmal mit dem Flieger für vier Wochen runterkamen, ehe sie mit dem reparierten Auto endgültig zum neuen Job fahren konnten. Auch dass das heruntergefallene Netzteil für das Keyboard kurz vor dem ersten Gottesdienst nur mit großen Mühen wieder hervorgefischt werden konnte und sie nicht mehr wussten, wo die Kirche war, waren keine idealen Vorzeichen, doch es sind Anekdoten, über die Scheller und Baumann noch heute herzhaft lachen können.
In ihrer fast ein Vierteljahrhundert währenden Amtszeit schafften es der mittlerweile 71-Jährige und die 85 Jahre alte Renate Baumann nicht nur, die Gemeindemitglieder zusammenzubringen, indem sie nach dem Gottesdienst Suppe oder Kaffee mitbrachten und das 'café y charlar' als gemütliches Beisammensein vor der Kirche etablierten. Predigt und Gottesdienste werden immer akribisch vorbereitet, was man auch in der Wohnung sieht. Überall stehen Basteleien, Plakate und Zubehör, das bei den Messen zum Einsatz kommt. Außerdem hat Scheller einen Ordner mit den Daten der Gemeindemitglieder angelegt, so dass er dem einen oder der anderen auch mal zum Geburtstag gratulieren kann.
Mittlerweile spricht Scheller auch ganz gut Spanisch. Und dies auch deshalb, weil bei einem zeitweise montags in Elviria gehaltenen Gottesdienst plötzlich die Deutschen ausblieben und er gebeten wurde, auf Spanisch weiterzumachen. Das nennt man gelungene Integration.
Comentar es una ventaja exclusiva para registrados
¿Ya eres registrado?
Inicia sesiónNecesitas ser suscriptor para poder votar.