'Hass'-Buch über einen Kindermörder sorgt für Aufruhr in Spanien
Buchhandlungen wollten das Buch boykottieren – der Verlag hat die Veröffentlichung nun vorerst zurückgezogen
MANUEL MEYER
CÓRDOBA/BARCELONA.
Donnerstag, 3. April 2025
Vergangene Woche hätte 'Der Hass' eigentlich Spaniens Buchhandlungen erreichen sollen. Doch in letzter Minute stoppte der Anagrama-Verlag aus Barcelona vorerst die Veröffentlichung des Skandal-Buchs. In ihm schildert der Autor Luisgé Martín die Geschichte des Kindermörders José Bretón und wie dieser 2011 seine eigenen Kinder Ruth (6) und José (2) umbrachte, um seine Frau zu bestrafen, die sich von ihm scheiden lassen wollte.
Der Kindermord erschütterte damals das ganze Land. Tagelang behauptete Bretón, seine Kinder seien entführt worden, bis die Polizei auf seiner Finca im andalusischen Córdoba die Knochenreste der beiden verbrannten Kinderleichen fand. Bretón wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt.
Tat erstmals eingestanden
In 'Der Hass' gesteht Bretón nun zum ersten Mal die Tat ein: «Ich löste Pillen in Zuckerwasser auf und gab es ihnen zu trinken. Bevor ich die Leichen ins Feuer legte, vergewisserte ich mich, dass sie nicht mehr atmeten. Sie wussten nicht, was passieren würde. Sie vertrauten mir. Es gab keine Angst, keinen Schmerz, kein Leid», zitiert der Autor den Kindermörder.
Das Buch basiert auf dem Briefverkehr, den der Schriftsteller über Jahre mit Bretón führte. Es ist ein Blick in eine gefühllose Seele: «Die Medikamente und das Brennholz hatte ich auf dem Hof. Ich musste nur noch den Diesel kaufen», gesteht Bretón ein. Das Verbrennen der Leichen sei ihm wichtig gewesen. Nicht nur, um das Leid der Mutter zu erhöhen. «Ohne Leichen gibt es kein Verbrechen, das steht in jedem Kriminalroman.»
Als die Mutter der getöteten Kinder, Ruth Ortiz, über die Presse von der bevorstehenden Veröffentlichung des Buches erfuhr, erstattete sie umgehend Anzeige, um die Publikation zu verhindern. Sie klagte auf Verletzung ihrer Privatsphäre und die Würde ihrer Kinder. Doch der zuständige Richter war der Meinung, das Recht auf freie Meinungsäußerung des Mörders wiege mehr. Der Skandal war da.
Die Staatsanwaltschaft ging gegen das Urteil in Berufung. Landesweit kündigten Buchhandlungen an, den Verkauf des Buches boykottieren zu wollen. Das Staatsfernsehen TVE strahlte eine Talkshow aus, die sich mit der Frage beschäftigte, ob es moralisch nicht verwerflich wäre, so ein Buch überhaupt zu veröffentlichen, mit dem der Täter anscheinend das Leid der Mutter verlängern wolle.
Für Spaniens Gleichheitsministerin Ana Redondo war die Antwort klar: «In einer demokratischen Gesellschaft darf man Mördern keine Stimme geben.» So denken auch viele spanische Buchhändler. «Wir werden nicht dazu beitragen, dass die Mutter noch mehr leiden muss», erklärte Javier López von der Madrider Buchhandlung Carmen. «Es wird Menschen geben, die diesen Mist konsumieren wollen, aber wir werden ihnen dabei nicht helfen», stellte Buchhändler Iván Madox von der Buchhandlung El Jardín Secreto in Plasencia klar.
Der Druck der Medien, der Staatsanwaltschaft und der Buchhändler wurde dem Verlag wohl zu groß. Obwohl man die richterliche Erlaubnis für die Veröffentlichung des Buches hatte, setzte man die Publikation auf unbestimmte Zeit aus. In einer öffentlichen Erklärung stellte Anagrama klar, dass «in einer demokratischen Gesellschaft ein Gleichgewicht zwischen der kreativen Freiheit als Grundrecht und dem Schutz der Opfer bestehen muss». Man komme aber freiwillig der Aufforderung der Staatsanwaltschaft nach, die Verbreitung des Werks auszusetzen.
«Uneingeschränkter Respekt»
Der Verlag brachte seinen «uneingeschränkten Respekt» für die Mutter zum Ausdruck und bedauerte jeglichen Kummer, den die veröffentlichten Informationen über die Publikation bei ihr verursacht haben könnten. Eine Woche zuvor gab es andere Töne aus dem Verlagshaus: «Die Verfassung erkennt das Grundrecht auf literarisches Schaffen an. Daher ist Anagrama der Ansicht, dass sowohl der Autor als auch der Verlag das Recht haben, dieses Werk zu veröffentlichen.» Doch war der öffentliche Aufschrei gegen die Veröffentlichung und der damit verbundene mögliche Imageschaden wohl zu groß.
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