Jede vierte Person in der Provinz Málaga ist Schlaganfallrisiko ausgesetzt
In rund 20 Prozent der Fälle ist ein Ictus bei unter 45-Jährigen auf 'ungesunden' Lebensstil zurückzuführen
JOSÉ ANTONIO SAU
MÁLAGA.
Samstag, 6. Dezember 2025
Neurologen werden nicht müde zu warnen: Zeit ist Gehirn. Anders gesagt: Im Fall eines Schlaganfalls ist das schnelle Handeln ausschlaggebend, um die Folgen so gering wie möglich zu halten. Sowohl die andalusische Gesellschaft für Angiologie und Gefäßchirurgie als auch die spanische Gesellschaft für Neurologie (SEN) gehen davon aus, dass jeder vierte Mensch im Laufe seines Lebens Gefahr läuft, einen Schlaganfall zu erleiden. Das gilt sowohl für Andalusien als auch für ganz Spanien und wird durch Zahlen aus der Provinz Málaga untermauert.
Für Fachärzte steht fest, dass vor allem Bluthochdruck ein häufiger Risikofaktor für einen Ictus ist. Laut der internationalen Studie 'Interstroke' liegt ein erhöhter Blutdruck in 64 Prozent aller Schlaganfälle vor und ist verantwortlich für 50 Prozent der tödlichen Verläufe.
Das Risiko eines Ictus steigt um das Vielfache, wenn Faktoren wie Rauchen, Diabetes, hohes Cholesterin, Übergewicht oder Vorhofflimmern hinzukommen: Bei Rauchern mit Bluthochdruck erhöht sich die Gefahr eines Schlaganfalls um das Sechsfache, bei Diabetespatienten sogar um über das 30-fache. Laut offiziellen Daten des andalusischen Gesundheitsministeriums wurden im vergangenen Jahr in der Provinz Málaga 4.400 Schlaganfälle gemeldet, 2023 waren es 4.700. Letztes Jahr erlitten also täglich im Schnitt zwölf Personen an der Costa del Sol einen Ictus.
Junge Menschen
Die andalusische Gesellschaft für Angiologie und Gefäßchirurgie bestätigt, dass Schlaganfälle in fortgeschrittenem Alter häufiger auftreten: In 75 Prozent der Fälle sind die Betroffenen über 65 Jahre alt. Doch, so die Experten, es «werden von Mal zu Mal mehr Fälle bei jungen Menschen verzeichnet, was auf einen nicht korrekten oder ungesunden Lebensstil zurückzuführen ist». Inzwischen treffen zwischen 15 und 20 Prozent der Schlaganfälle junge Menschen unter 45. Carlos de la Cruz, Chefarzt an der Neurologie im Hospital Clínico in Málaga, erklärt in einem Interview mit SUR, dass die «Lebensgewohnheiten großen Einfluss haben. Die Gesellschaft ist sehr gestresst. Es gibt Studien, die klar belegen, dass anhaltender, akuter Stress das Risiko eines Ictus erhöht. Hinzukommt Drogenkonsum, wobei ich mich vor allem auf Amphetamine, Cannabis oder Kokain beziehe und damit Drogen, die wir bei eingelieferten Schlaganfallpatienten zwischen 30 und 40 Jahren häufig sehen. Das alles führt dazu, dass der Anteil junger Menschen bei Ictus in den letzten Jahren zunimmt. Eine Entwicklung, die wir bei anderen Krankheiten so nicht sehen.»
Vorbeugung
Prävention hilft auch hier, eine Erkrankung zu vermeiden und Menschenleben zu retten: 90 Prozent der Schlaganfälle könnten laut Experten durch einen gesunden Lebensstil und die Kontrolle von Herz-Kreislauf-Risikofaktoren verhindert werden. Man muss bedenken, dass 30 Prozent der Schlaganfallpatienten Folgeschäden davonträgt. María del Mar Freijo, Koordinatorin der Studiengruppe für Hirngefäßerkrankungen bei der SEN, sagt: «Ein Ictus ist eine zerebrovaskuläre Erkrankung, die auftritt, wenn der Blutfluss zum Gehirn unterbrochen oder reduziert wird. Es gibt zwei Hauptarten von Schlaganfall: der ischämische Schlaganfall, der 80 Prozent aller Fälle ausmacht, und der hämorrhagische, der bei den restlichen 20 Prozent auftritt. Der ischämische Schlaganfall ist auf einen Thrombus zurückzuführen, der die Blutzufuhr zum Gehirn verhindert und erschwert, die andere Ictus-Form wird durch den Bruch von Blutgefäßen im Körper verursacht.»
Auch Freijo hebt den Zeitfaktor als entscheidend hervor: Jede Minute, in der das Gehirn nicht mit Blut versorgt werde, gingen zwei Millionen Neuronen verloren. Besteht Verdacht auf einen Schlaganfall, muss darum unverzüglich über den Notruf 112 Hilfe geholt oder aber schnellstens ein Krankenhaus aufgesucht werden.
Rafael Bustamante ist Neurologe am Hospital Regional Universitario von Málaga und betont die Bedeutung eines gesunden Lebensstils. «Dazu gehören sich gesund, vielseitig und ohne viel Convenience-Food zu ernähren, auf Tabak und andere Substanzen unter allen Umständen zu verzichten und sich zumindest moderat körperlich zu bewegen», sagt er. Zudem sollte man den Blutdruck, mögliche Diabetes und Fettstoffwechselstörungen im Blick haben. Des Weiteren rät Bustamante zu Geselligkeit. «Das ist eine exzellente kognitive Aktivität für junge wie für alte Menschen.»
«Die Diagnose Schlaganfall ist heute keinesfalls mit vor 20 Jahren vergleichbar. Heute erkennen wir bei der großen Mehrheit der Patienten die Ursache, ab dem Moment, in dem sie in der Notaufnahme ankommen», erklärt Bustamante. Die klinische Perspektive habe sich zum einen mit der Einführung der Fibrinolyse verbessert, ein Medikament, das Schlaganfallpatienten verabreicht wird und darauf abzielt, den Thrombus aufzulösen. Hinzu käme die Thrombektomie, «eine Behandlung mittels Katheterisierung, die bis zum Blutgerinnsel vordringt und es entfernt». So würden der Blutfluss wiederhergestellt und Hirnschäden weitmöglichst vermieden. «Je schneller der Betroffene ins Krankenhaus kommt, umso größer sind die Chancen, dass diese Behandlungsformen zum Einsatz kommen und effektiv sind», versichert der Neurologe. Aus diesem Grund sei auch der 'Code Ictus' eingeführt worden, ein Programm, dass darauf abzielt, die Zeit zwischen den ersten Symptomen und der Behandlung so kurz wie möglich zu halten.
Schlaganfall-Stationen
Sowohl am Hospital Regional als auch am Clínico gibt es in Málaga heute spezielle Schlaganfall-Stationen. Die erste war 2006 eingerichtet worden, die zweite vor fünf Jahren. Sobald der 'Code Ictus' aktiviert wird, gleich ob via Notruf von zu Hause, von jeglichem anderen Ort aus oder in einer der Notaufnahmen in einem Krankenhaus, wird die Schwere des Schlaganfalls beurteilt. Wird vermutet, dass ein großes Blutgefäß verstopft sein könnte, wird der oder die Betroffene ins Hospital Regional gebracht, dem Referenzkrankenhaus auf diesem Gebiet und dem einzigen in Málaga, das eine Thrombektomie durchführen kann. Ist eine Fibrinolyse notwendig, so kann dies in jedem Krankenhaus geschehen.