Gesundheitliche Vorsorgeplanung: Wie Menschen an der Costa del Sol im Alter Unterstützung finden
Für viele ältere Menschen kann der Alltag zu einer Herausforderung werden. Besonders für Auswanderer ist die rechtzeitige Vorsorge ein zentrales Thema
Dana Nowak
Mijas
Donnerstag, 16. Oktober 2025
Christiane Rugigier ist zertifizierte Beraterin für 'Advance Care Planning'. In ihrem Vortrag für Residenten und Nichtresidenten gibt sie gemeinsam mit Jutta Tackmann (Rechtsanwältin für Zivil-, Immobilien- und Erbrecht) am 21. Oktober um 16 Uhr in der Rathauszweigstelle in La Cala de Mijas, Tipps auf Deutsch zum Thema Gesundheitsvorsorge, Vollmachten, Testament und Selbstbestimmung im Alter.
«Advance Care Planning ist eine Bewegung aus den USA, die wir hier als gesundheitliche Vorsorgeplanung übersetzen», sagt Rudigier. «Ich nenne es gerne Fürsorgeplanung. Es geht darum, sich mit Themen zu befassen, die uns alle irgendwann betreffen werden.» Denn mit dem Älterwerden ist man zwangsläufig irgendwann mit Fragen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Selbstbestimmung konfrontiert. «Für viele sind das unangenehme Themen, die man lieber verdrängt. Doch genau diese Auseinandersetzung ist notwendig, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben», erklärt Christiane Rudigier.
Alterswohnsitz Costa del Sol
Wegen des angenehmen Klimas entscheiden sich viele Menschen aus verschiedensten Ländern, ihren Ruhestand an der Costa del Sol zu verbringen. Das ist mehr als verständlich, aber mit fortschreitendem Alter erwachsen oftmals auch Probleme, die eine Lösung erfordern. Gerade im Ausland zeigt sich, wie verletzlich ältere Menschen sind, denn viele der Auswanderer leben nicht mehr in ihrem ursprünglichen sozialen Umfeld.
Katja Thirion setzt sich seit 19 Jahren für ausländische Einwohner in Mijas ein. «Wir vom Residentenbüro in La Cala de Mijas versuchen so weit wie möglich zu helfen. Ein jährlicher Besuch der älteren Ausländer ist gewissermaßen vorprogrammiert, nämlich wenn die Lebensbescheinigung für die Rente fällig wird. Viele Länder haben die digitale Bescheinigung eingeführt, aber wir machen die Erfahrung, dass die meisten Senioren damit nicht klarkommen und sich für den regulären Postweg entscheiden. Wir können eine internationale Lebensbescheinigung ausstellen, die bisher von allen EU-Ländern anerkannt wird», sagt Thirion.
Die Sorgen beginnen, wenn die Gesundheit nachlässt. Wenn dann noch der Partner verstirbt oder Freunde zurück in die Heimat ziehen, bleiben viele allein zurück. «Schon eine Operation kann problematisch sein, wenn man allein lebt und die Mobilität eingeschränkt ist. Staatliche Reha- und Spezialkliniken stehen hier nicht zur Verfügung. Schlimmer wird es, wenn es sich um degenerative Krankheiten handelt. Viele werden plötzlich zu Sozialfällen, denn die Warteliste auf einen Platz im staatlichen Seniorenheim ist lang. Im Gegensatz zu den Spaniern können viele Ausländer hier nicht von der Familie aufgefangen werden, und so bleibt oft nur der Weg zurück ins Heimatland», führt sie aus.
Gesundheitliche Vorsorgeplanung ist mehr als Bürokratie. Sie ist Ausdruck von Selbstfürsorge und Verantwortung. «Golfspielen und Gin Tonic trinken macht natürlich mehr Spaß. Aber wenn wir uns nicht rechtzeitig mit diesen Fragen befassen, überlassen wir das Leben irgendwann dem Zufall. Ich sehe es als meine Mission, Menschen zu begleiten, die sich alleine überfordert fühlen. Es geht darum, die eigene Autonomie zu sichern, selbst Verantwortung zu übernehmen und in Würde älter zu werden», erklärt Christiane Rudigier.
In ihrem Vortrag geht es um komplexe Fragen: Welche medizinischen Maßnahmen möchte ich, welche nicht? Wer darf Entscheidungen treffen, wenn ich es nicht mehr kann? Und das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Länder wie Österreich, die Schweiz oder Spanien. Die Formalien unterscheiden sich und die Beratung muss an das jeweilige Land angepasst sein. «Besonders Auswanderer sollten genau hinschauen, denn eine deutsche Patientenverfügung nützt in Spanien nichts, wenn sie nur auf Deutsch verfasst ist. Im Notfall muss das Dokument in der Landessprache vorliegen», erklärt Rudigier.
Die Vorsorge betrifft aber nicht nur juristische Dokumente, sondern auch den Alltag im Alter. Die große Frage lautet: Wie will ich mein Leben gestalten, wenn ich nicht mehr alles alleine kann? Dazu gehören Pflegedienste, soziale Kontakte und alternative Wohnformen. «Man kann nicht für alles vorsorgen. Aber man kann Weichen stellen, und das sollte man tun, solange man noch fit im Kopf ist», rät Rudigier.
Anders als oft angenommen, ist das Thema nicht nur für sehr alte Menschen relevant. Auch jüngere Erwachsene können in Situationen geraten, in denen sie medizinisch nicht mehr entscheidungsfähig sind, sei es durch Unfälle oder akute und chronische Erkrankungen. In solchen Momenten kann eine klare Vorsorgeplanung enorm helfen. Die heutige Generation über 50 legt großen Wert auf Selbstbestimmung. Doch Autonomie verlangt Vorbereitung. «Wenn mir Selbstbestimmung wichtig ist, dann muss ich auch Selbstverantwortung übernehmen, und das heißt, mich frühzeitig mit diesen Themen zu befassen», sagt Rudigier.

Ein wichtiger Aspekt der Beratung betrifft die praktische Lebensgestaltung. Dazu gehören barrierefreie Wohnungen, seniorengerechte Wohnanlagen oder betreutes Wohnen. Bevor ein Pflegeheim nötig wird, gibt es Vorstufen, die Mobilität, soziale Kontakte und medizinische Versorgung sichern. Wer frühzeitig plant, kann auch noch selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben. «Eines der riesigen Themen ist das Hinfallen im Alter. Viele Häuser sind nicht barrierefrei. Ich kann da aus eigener Erfahrung berichten. Mein Vater lehnte den Umbau des Badezimmers ab und genau dort ist er gestürzt. Das war tragisch und hätte verhindert werden können. Ich rate daher, Umbauten oder einen Umzug nicht hinauszuzögern. Denn wer wartet, bis gar nichts mehr geht, hat am Ende kaum noch Wahlmöglichkeiten.»
Erschwerend kommen im Ausland die Sprachbarriere und die Digitalisierung hinzu. Viele ältere Menschen sind mit Online-Banking, E-Behörden oder Arztterminen überfordert. Ein Todesfall, eine chronische Erkrankung, und plötzlich steht man allein da. Depression im Alter ist ein wachsendes Problem, auch ohne schwere Krankheiten. «Es ist oft nicht die Krankheit, die belastet, sondern der Verlust von Freunden, die schwindende Energie und die Überforderung, in der digitalen Welt zurechtzukommen.» Hier kann es helfen, sich rechtzeitig mit seinem Umfeld, Aktivitäten und sozialen Netzwerken zu beschäftigen, um einer Isolation vorzubeugen.
Strukturen schaffen
Neben institutioneller Vorsorge gibt es auch Initiativen, wie die deutschsprachige Nachbarschaftshilfe an der Costa del Sol, die unbürokratische Hilfe und Unterstützung leistet. «Vorbeugung heißt hier, Strukturen zu schaffen. Man sollte dort wohnen, wo man Ärzte, Supermärkte, Cafés oder Treffpunkte fußläufig erreichen kann. Auch Haustiere können helfen, Strukturen zu schaffen. Ein Hund bringt Rhythmus in den Tag und sorgt automatisch für Kontakte. Und man darf die Neugier nicht verlieren – auch wenn es schwerfällt», sagt Thirion.
Das Residentenbüro in Mijas veranstaltet mehrere Informationsveranstaltungen im Jahr für ausländische Mitbürger. Dabei werden verschiedene aktuelle Themen behandelt. «Letzte Woche ging es zum Beispiel um aktuelle Gesetzesänderungen für Ferienvermietungen. Die Veranstaltung war ausgebucht. Um diese möglichst vielen Nationalitäten zugänglich zu machen, verlaufen die meisten Vorträge auf Englisch. Ob es eine Konferenzreihe auf Deutsch geben kann, hängt vom Interesse des Publikums ab. Ich finde den anstehenden Vortrag von Christiane Rudigier und Jutta Tackmann fantastisch, zumal es sich um ein äußerst wichtiges Thema handelt, das viel zu oft vernachlässigt wird. Eine aktive Planung heute erleichtert das Seniorenleben in der Zukunft», betont Thirion.
Infos:
Vortrag zum Thema : 'Leben im Alter. Sicher - Selbstbestimmt – Zufrieden' am 21. Oktober um 16 Uhr in der Rathauszweigstelle in La Cala de Mijas. Der Vortrag von Christiane Rudigier und Jutta Tackmann, Rechtsanwältin für Zivil, Immobilien- und Erbrecht, ist kostenfrei, aber wegen begrenzter Sitzkapazität wird um vorherige Reservierung gebeten. E-Mail: frd@mijas.es oder per WhatsApp: +34 676 052 944. Im Anschluss sind alle Teilnehmer zu einem kleinen Umtrunk eingeladen.