Spaniens First Lady Begoña Gómez droht der Prozess
Ein Richter will der Ehefrau von Premier Sánchez unter anderem wegen Veruntreuung den Prozess machen. Korruptionsskandal oder politische Intrige?
Manuel Meyer
Madrid
Donnerstag, 9. Oktober 2025
'Lawfare' – seit über eineinhalb Jahren hören und lesen die Spanier regelmäßig diesen Begriff, wenn in den Medien über Begoña Gómez berichtet wird. Einer der ersten, der diesen Ausdruck öffentlich ins Spiel brachte, war Gómez' Ehemann Pedro Sánchez. Spaniens sozialistischer Ministerpräsident benutzte das aus 'Law' (Gesetz) und 'Warfare' (Kriegsführung) zusammengesetzte Wort, um klarzustellen, dass hier ein Krieg mit juristischen Mitteln geführt wird, der im Grunde gegen ihn gerichtet und politisch motiviert ist.
Tatsächlich ist das Phänomen nicht neu. Doch die Instrumentalisierung der Justiz, um den Ruf politischer Gegner zumindest zu schädigen, selbst wenn es später keine Verurteilung gibt, wird immer häufiger gebraucht. Doch der Reihe nach. Worum geht es eigentlich?
Im April 2024 zeigte die rechtsextreme Organisation Manos Limpias (Saubere Hände) Begoña Gómez an, ihren Status als First Lady missbraucht zu haben, um den Unternehmer Carlos Barrabés, der an ihrem Masterstudiengang an der Madrider Complutense-Universität mitwirkte, mehrere Geschäftsaufträge zuzuschustern.
Obwohl der Vorwurf von Manos Limpias nur auf Zeitungsartikeln beruhte, die sich teils sogar als falsch erwiesen, nahm Untersuchungsrichter Juan Carlos Peinado den Fall an und leitete Ermittlungen ein. Der Stein kam ins Rollen, zumal die Europäische Generalstaatsanwaltschaft (IGAE) dem Richter die Kenntnis möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe mehrerer Aufträge an den Geschäftsmann Barrabés durch das Unternehmen Red.es übermittelte.
Nach knapp eineinhalb Jahren will Richter Peinado die Gattin des spanischen Regierungschefs nun wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Korruption, Einflussnahme im Geschäftsleben und Interessenkonflikt sowie Markenmissbrauch vor Gericht stellen. Zudem untersucht Peinado, ob Gómez öffentliche Mittel im privaten Kontext missbrauchte, indem sie die Staatsangestellte Cristina Álvarez aus dem Team des Regierungschefs in ihre persönlichen Angelegenheiten und Geschäfte involvierte.
Staatsanwaltschaft fordert Einstellung des Verfahrens
Das Kuriose an dem Fall: Untersuchungsrichter Peinado sieht ausreichende Gründe, um Begoña Gómez nun vor Gericht zu stellen. Doch die Staatsanwaltschaft ist anderer Meinung, fordert die Einstellung des Verfahrens. Sie sieht keine Beweise dafür, dass der öffentlichen Hand durch die angeblichen Delikte ein finanzieller Schaden entstanden sei. Auch hätte die Angeklagte keinen finanziellen Nutzen davon gehabt. Zwar gesteht der zuständige Staatsanwalt ein, es habe bei einigen der an Barrabés vergebenen Aufträgen Unregelmäßigkeiten gegeben. Doch handele es sich hierbei um 'Verwaltungsunregelmäßigkeiten', die nicht automatisch zu Straftaten führen.
Der Staatsanwalt bestreitet auch, dass es im Fall Gómez zu Einflussnahme, Korruption oder Veruntreuung gekommen sei. Zu diesem letzten Verbrechen erklärt er, dass «es trotz der umfassenden und exorbitanten Untersuchung der Bankkonten und Finanzinformationen der untersuchten Person nicht plausibel erscheint, von einer heimlichen parallelen Bereicherung zu sprechen.»
Wie dem auch sei. Untersuchungsrichter Peinado lässt sich nicht beirren und kündigte am Montag an, sämtliche Vorwürfe vor einem Schwurgericht verhandeln zu wollen. Gómez' Rechtsanwalt, der ehemalige sozialistische Minister Antonio Camacho, verwies darauf, dass nur das angebliche Verbrechen der Einflussnahme und der Korruption im Fall der Geschäftsbeziehungen zum Unternehmer Barrabés im Hauptverfahren auf diese Weise verhandelt werden könnte, da es das einzige in der vom Geschworenengesetz festgelegten Liste sei.
Öffentliche Aufmerksamkeit
Francisco Valiente, Rechtsprofessor an der Madrider Comillas-Universität, versteht die Sorge der Verteidigung: «Für Begoña Gómez könnte das zum Problem werden, da Geschworenengerichte in solchen Fällen deutlich häufiger zu Verurteilungen als zu Freisprüchen neigen». Zudem würde der Fall durch diese Form größere öffentliche Aufmerksamkeit erregen, erklärte Valiente im Gespräch mit dieser Zeitung.
Zweifellos aber wird die enorme Medienpräsenz bei einem solchen Verfahren den Verdacht untermauern, es handele sich in Wirklichkeit um eine politische Intrige und eine indirekte Verurteilung des spanischen Ministerpräsidenten. Dass Peinado in diesem Zusammenhang sogar den Premierminister selber im Moncloa-Regierungspalast dazu verhörte und jüngst erklärte, die angeblichen Vergehen hätten von Begoña Gómez nur aufgrund ihrer familiären Beziehung zu Pedro Sánchez begangen werden können, politisiert den Fall nur noch mehr.
Peinados politische Neutralität steht in Zweifel
Bereits als Peinado die Anklage der rechtsextremen Organisation 'Manos Limpias' im April 2024 akzeptierte, protestierten Sánchez und seine regierenden Sozialisten gegen eine 'politische Hexenjagd' und 'Schmutzkampagne', für die sich der Richter instrumentalisieren ließe. Sánchez legte sogar mehrere Tage sein Amtsgeschäft nieder, um zu überlegen, ob er als Regierungschef zurücktreten will, um seine Familie zu schützen.
Dass Peinados Tochter Patricia für Sánchez' politischen Gegner von der konservativen Volkspartei (PP) im Stadtrat der Madrider Gemeinde Pozuelo sitzt, macht es bestimmten Sektoren natürlich leicht, Zweifel über seine Unparteilichkeit zu säen. Auch sein hartes Vorgehen in der Vergangenheit gegen linke Politiker, während er Ermittlungen gegen rechtskonservative Politiker schnell einstellte, lassen die Gerüchteküche brodeln.
Den vielleicht größten Zweifel an seiner Neutralität ist aber die Tatsache, dass er nicht zum ersten Mal nach einer Beschwerde von Manos Limpias Verfahren einleitete. 2015 führte er den Prozess gegen die Madrider Stadträte Pablo Soto (Ahora Madrid) und Guillermo Zapata (Podemos) wegen beleidigender Tweets gegen konservative PP-Politiker.
Schließlich sprach das zuständige Gericht die Angeklagten frei und verdonnerte Manos Limpias zu den Gerichtskosten, da sie laut der Richter 'rücksichtslos oder böswillig' handelte, indem sie parallele Klagen mit widersprüchlichen Argumenten bei verschiedenen Gerichten eingereicht habe. All das lässt kein gutes Licht auf Peinado fallen und erhöht die Vermutungen, es könnte sich im 'Fall Gómez' eher um eine politische Intrige handeln als um einen wirklichen Korruptionsskandal.