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«Málaga vom Meer aus gesehen» von Jacques Chéreau, entstanden um 1770. Archivo Sur

Als das Meer «überschwappte»: das Erdbeben von Málaga 1755

Der Spender, Vater einer Tochter mit einer seltenen Krankheit, will anonym bleiben, um den wohltätigen Zweck seiner Geste zu wahren

Fernando Alonso

Málaga

Freitag, 1. August 2025

Die Menschen in Málaga mögen heute den Eindruck haben, dass sich in letzter Zeit Unglücke und unglückliche Begebenheiten häufen: Wirtschaftskrisen, Pandemie, Kriege, Vulkanausbrüche und sogar ein unerwarteter landesweiter Stromausfall. Blickt man zurück, wird natürlich schnell klar: Unglücksfälle und Katastrophen hat es schon immer gegeben. Die vielleicht bekannteste Naturkatastrophe des 18. Jahrhunderts in Málaga war das Erdbeben zu Allerheiligen 1755, das auch als Erdbeben von Lissabon bekannt ist, weil sein Epizentrum im Atlantik in der Nähe der portugiesischen Hauptstadt lag. Seine Auswirkungen waren in weiten Teilen des europäischen Kontinents zu spüren, die geschätzte Stärke lag bei 8,5 auf der Richterskala.

Der Historiker Cristóbal Medina Conde berichtete seinerzeit, dass in Málaga am 1. November bei drei Nachbeben zwischen neun und zehn Uhr morgens die Erde acht oder zehn Minuten lang bebte. In der Kathedrale feierte der Dekan gerade die Messe am Hochaltar und brach mit einem der Stühle zusammen, während die Gläubigen in Angst und Schrecken flohen. Viele Gebäude stürzten ein, darunter das Kloster Encarnación in der Calle Beatas. Einige große Straßen wie die Calle Nueva, die Calle Granada und die Calle Beatas mussten im Anschluss an das Beben für den Fuhrwerksverkehr gesperrt werden, da man befürchtete, dass die von den Fuhrwerken ausgehenden Erschütterungen zum Einsturz von Häusern führen könnten. Einige befanden sich tatsächlich in einem beklagenswerten Zustand.

Im Laufe des Novembers desselben Jahres gab es weitere Beben. Das wichtigste von allen geschah am 27. November um halb elf Uhr morgens. Es dauerte zwischen fünf und zehn Minuten, was sich wie eine Ewigkeit angefühlt haben muss. Dieses Beben hatte noch größere Auswirkungen als das vom 1. November. Die Bevölkerung von Málaga befand sich inzwischen in einem Dauerschockzustand, auch, weil man bereits die Folgen des Erdbebens in Cádiz kannte, wo ein großer Tsunami einen Teil der Küste verwüstet, viele Todesopfer gefordert und erhebliche materielle Schäden verursacht hatte.

So verbreitete sich nach dem Erdbeben vom 27. November 1755 unter den Einwohnern von Málaga schnell das Gerücht, dass «das Meer herauskommt». Andere sprachen von einer Stimme, die aus dem Meer komme. Sie behaupteten, das Meer ziehe sich zurück, die Strände würden austrocknen und die Boote seien viele Meter vom Strand entfernt gestrandet, während sich am Horizont eine gigantische Welle auftürmte, die die Stadt und ihre Bewohner zu verschlingen drohte. Was sich wie die Beschreibung eines Tsunami anhörte, wurde später von Stadtchronist Narcisco Díaz de Escovar als «eine Halluzination von übersteigerten Phantasien» abgetan.

Unter der Bevölkerung aber breitete sich an jenem Bebentag Panik aus, die Menschen flohen voller Angst in die Berge und ließen ihre Häuser und ihr Eigentum zurück. Häuser, Geschäfte und Büros blieben unverschlossen, Kranke und Schwache wurden im Stich gelassen, Mönche und Nonnen flohen aus ihren Zellen. Es gab kaum einen Menschen, der nicht glaubte, dass das Meer über die Ufer treten würde und man sich in die Berge flüchten müsse. Málaga war wie ausgestorben.

Einige stiegen auf den Gibralfaro, andere auf den Hügel San Cristóbal. Einigen reichten auch diese Anhöhen nicht aus, sie suchten einen Ort, der weiter von der Küste entfernt war und fanden Zuflucht in den Weinbergen von Chapera im heutigen Casabermeja. Diese Berge wurden schließlich von einer riesigen Menschenmenge gekrönt, die in einer kollektiven Psychose dem Regen trotzte, der an diesem Tag einsetzte.

Andere Katastrophen des 18. Jahrhunderts

Obwohl die Bevölkerung Málagas im 18. Jahrhundert stetig wuchs - von 24.255 Einwohnern im Jahr 1717 auf 49.049 im Jahr 1787 - war es doch auch ein Jahrhundert der Katastrophen. Im Jahr 1719 wurde Málaga von dem gefürchteten Typhus heimgesucht, der seinen Ursprung im Hafenbecken hatte, wo die Truppen mit verdorbenen Lebensmitteln versorgt wurden. Die heimtückische Infektionskrankheit kehrte 1738 zurück. Drei Jahre später erwischte die Bevölkerung das schrecklich «schwarzen Erbrechen», eine Infektionskrankheit, die durch das Gelbfiebervirus verursacht wurde. Diese Krankheit kam von der französischen Insel Martinique. Und die Seuchen gingen weiter. Eine neue Typhus-Epidemie tötete 1750 sechstausend Menschen in nur sechs Monaten. Schließlich endete das Jahrhundert mit einer Malaria-Epidemie. Zu diesen Katastrophen kamen noch die gefürchteten Hungersnöte hinzu, die durch eine Reihe von Missernten ausgelöst wurden wie in den Jahren 1734, 1736 und 1743. Überschwemmungen, die durch Hochwasser im Guadalmedina verursacht wurden, ereigneten sich in den Jahren 1714, 1722, 1745 und 1764.

Angesichts der ungewöhnlichen Situation sah sich der Gouverneur von Málaga gezwungen, einige Truppen auf die Straße zu schicken, um mögliche Plünderungen zu verhindern. Leicht war das nicht, denn auch ein Teil des Militärs hatte Reißaus genommen. Vertreter der Behörden zogen durch das Inland und versuchten, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass der Alarm unbegründet sei. Das Meer sei ruhig und es stehe keine große Welle bevor. Medina Conde erklärte, dass «es viel Arbeit kostete, die Menschen in ihre Häuser zurückzubringen». Der Bevölkerung wurde versichert, dass die Bürger im Falle eines Alarms durch das Läuten der Glocke an der Puerta del Mar gewarnt würden. Dort seien ständig Wachen postiert, um den Meereshorizont im Auge zu behalten und verdächtige oder seltsame Bewegungen auf dem Meer auszumachen.

Nach und nach kehrten die Menschen in ihre Häuser zurück. Díaz de Escovar sagte später, «das Seltsamste an diesem Alarm war, dass trotz der Tatsache, dass alle ihre Häuser verließen und viele von ihnen offen standen, kein einziger Gegenstand fehlte, weder der Schmuck aus den Kirchen noch die Waren aus den verlassenen Geschäften».

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