Zwischen maurischer Vergangenheit und mediterraner Gegenwart: Die Burg von Marbella
Archäologen graben systematisch die Vergangenheit aus. Unter den Fundamenten der heutigen Stadt liegt ein reiches Erbe
DANA NOWAK
Marbella
Freitag, 1. August 2025
Mitten im historischen Stadtkern von Marbella erhebt sich ein stiller Zeuge einer ganz anderen Zeit: das maurische Castillo de Marbella, das viel über die jahrhundertealte Geschichte Marbellas und Südspaniens erzählt und bis heute weitgehend im Schatten des touristischen Glanzes steht.
Die heutige Altstadt von Marbella war einst eine muslimische Siedlung, deren Ursprung auf das 10. Jahrhundert zurückgeht, wie archäologische Funde belegen. Die Stadtmauern sind das wichtigste Überbleibsel der maurischen Zivilisation und erinnern an die Anfänge der mittelalterlichen Stadtentwicklung. Marbella war strategisch günstig gelegen, zwischen den Bergketten der Sierra Blanca und dem Mittelmeer, was die Stadt zu einem wichtigen Punkt im Netz muslimischer Verteidigungsanlagen machte.
Die Stadtmauern, die heute noch Teile des Altstadtkerns umgeben, bestehen aus rötlichem Mörtelstein (Tapial), typisch für die maurische Bauweise. Vom einst imposanten Komplex sind jedoch lediglich Fragmente erhalten geblieben. Einige Mauerabschnitte, ein paar Türme und Reste des alten Wehrgangs. Dennoch vermitteln sie einen Eindruck von der einstigen Bedeutung des Bauwerks.
Der Archäologe Pedro Sánchez Bandera konnte die Bauweise der Mauer untersuchen und erachtet es als wahrscheinlich, dass die Mauer, die einst die Stadt umgab, auf das Ende des Mittelalters zurückgeht. «Die Ursprünge der heutigen Altstadt von Marbella gehen auf das 10. oder 11. Jahrhundert zurück. Doch erst in der Nasridenzeit, etwa im 14. Jahrhundert, machte es die wachsende Unsicherheit im Königreich Granada erforderlich, die Stadt mit einer Mauer und verschiedenen Türmen zu umgeben», erklärt Bandera. «Die Mauern boten Zuflucht und hatten neben dem Feindschutz auch die Funktion der Seuchenabwehr und waren eine Manifestation des Küstenverteidigungssystems. Sie gaben Marbella seine urbane Gestalt.»
Unterstützt wird diese Theorie durch die Funde der letzten Ausgrabungen, die darauf hindeuten, dass die Anlage weit mehr war als nur eine Militärfestung. Es gibt Hinweise auf Wohnbereiche, möglicherweise sogar auf eine kleine Moschee oder einen Hammam. Keramikfragmente, Münzen und Fundamentreste lassen vermuten, dass innerhalb der Burgmauern einst eine kleine Siedlung existierte und dass Marbella unter der Herrschaft der Mauren deutlich größer und bedeutender war als bisher angenommen. Ein besonders bemerkenswerter Fund ist ein Wandabschnitt mit originalem Mörtel und Farbpigmenten, die auf kunstvolle Wandverzierungen hindeuten. Hier wurde nicht nur gekämpft, sondern auch gelebt und gestaltet.
In einem Dokument aus dem Jahr 1737 wird der Umfang der Stadtmauer mit ihren zwanzig Türmen beschrieben. Daher ist bekannt, dass die Stadtmauern entlang der heutigen Altstadt verlaufen sein müssen. «Die Eroberung der Stadt durch die Katholischen Könige im Jahr 1485 markierte den Beginn einer Periode von Veränderungen der städtischen Struktur, die zu dem Marbella führte, das wir heute kennen», so Bandera. Die Burg wurde zunächst weiter militärisch genutzt, geriet jedoch in den folgenden Jahrhunderten zunehmend in Vergessenheit. Viele Teile wurden abgetragen oder überbaut, und nicht selten nutzte man das Steinmaterial der Burg für andere Bauvorhaben. Die strategische Bedeutung Marbellas nahm ab, und mit ihr schwand auch das Interesse an der Erhaltung der Festung.
Zu den wichtigsten Entwicklungen seit der Eroberung der Stadt durch Ferdinand II. gehörte der Bau der heutigen Plaza de los Naranjos. Der städtische Ursprung dieses Platzes lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen, als er als Marktplatz genutzt wurde. In den ersten Jahren der 'Reconquista' wurde er durch den Bau des Rathauses zum Hauptplatz. Seine endgültige Form ist das Ergebnis einer Erweiterung aus dem 16. Jahrhundert.
Seit 2010 arbeitet das Rathaus an der Erforschung der Altstadt. Die bisherigen Ausgrabungen in verschiedenen Bereichen haben bereits wichtige Überreste aus römischer und mittelalterlicher Zeit ans Licht gebracht. Mit der Konservierung und Restaurierung der Nord- und Ostmauer wurde zudem ein wichtiger Beitrag geleistet, um die Erhaltung des Denkmals zu gewährleisten. Jetzt treibt das Rathaus die Wiederherstellung der Burg von Marbella mit einer neuen Phase archäologischer Ausgrabungen voran.
«Dieser Eingriff ist Teil des strategischen Plans des Kulturministeriums, um den Wert dieses wichtigen Denkmals aufzuwerten und die Geschichte der Stadt zu verstehen», erklärt die Kulturstadträtin Carmen Díaz. «Eines unserer Hauptziele bei den neuen Ausgrabungen besteht darin, Überreste aus der byzantinischen Periode zu finden, einer historischen Phase, über die wir immer noch nicht genügend Informationen haben», betont Carmen Díaz.
Denn zwischen dem Niedergang Roms und der Ankunft der Mauren lag eine weitgehend vergessene Phase, die Marbella, wenn auch kurzzeitig, unter byzantinischen Einfluss brachte. Nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert und vor der endgültigen muslimischen Eroberung im 8. Jahrhundert geriet Südspanien und auch das heutige Marbella in den Einflussbereich der Byzantiner. Es wird vermutet, dass sich an der Stelle des heutigen Marbella ein kleiner Außenposten, ein Hafenstützpunkt oder eine ländliche Siedlung befand, die unter byzantinischer Verwaltung stand. Die Entdeckung von Überresten aus dieser Zeit wäre ein Meilenstein und würde das Wissen über die Ursprünge von Marbellas Altstadt sehr bereichern.
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