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Leire Díez am Mittwochmorgen während der Pressekonferenz. EFE
Politik

Neuer politischer Skandal belastet Spaniens Premier Pedro Sánchez

PSOE-Mitglied Leire Díez soll versucht haben, Chefermittler der Guardia Civil in Korruptionsfällen aus Sanchez' Umfeld zu belasten

Manuel Meyer

Madrid

Donnerstag, 5. Juni 2025

Bis vor kurzem wusste selbst bei Spaniens regierenden Sozialisten kaum jemand, wer María Leire Díez Castro ist. Die 1970 im baskischen Portugalete geborene Journalistin war höchstens den 800 Einwohnern der kantabrischen Gemeinde Vega de Pas ein Begriff, wo sie kurze Zeit stellvertretende Bürgermeisterin war.

Doch ein 'normales Mitglied der Parteibasis', als die sie die Sozialisten gerade versuchen darzustellen, ist sie mit Sicherheit nicht. In den vergangenen Jahren wurde sie mit zahlreichen parteipolitischen Stellen vor allem im Energiesektor bedacht. Danach war sie von 2022 bis 2024 bei der staatlichen Post für institutionelle Beziehungen verantwortlich, wo sie sogar die Briefwahl der vergangenen Parlamentswahlen im Sommer 2023 leitete.

Auch auf ihren Social-Media-Accounts ist sie regelmäßig mit sozialistischen Führungspersönlichkeiten zu sehen – unter anderem mit Premierminister Pedro Sánchez. Laut spanischen Medien wird sie in der PSOE-Parteizentrale auch die 'Klempnerin' genannt. Sie scheint – sagen wir es mal so – 'Dinge zu regeln'. Und genau über diese 'Klempnerarbeit' könnte Sánchez' Minderheitsregierung nun stolpern.

Gefährlicher Deal

Die Digitalzeitung El Confidencial veröffentlichte vergangene Woche Audioaufnahmen, auf denen Leire Díez dem wegen Korruption anscheinend nach Dubai geflüchteten spanischen Geschäftsmann Alejandro Hamlyn einen für die sozialistische Regierungspartei und Premier Sánchez nun sehr gefährlichen Deal anbot.

Bei einem Treffen mit Hamlyns Rechtsanwalt Jacobo Teijelo in dessen Kanzlei bot sie eine Einigung mit der Generalstaatsanwaltschaft an, um die Korruptionsvorwürfe zu lösen. Doch als Gegenleistung verlangte sie, wie auf den Aufnahmen zu hören, Informationen über mögliche Korruptionsskandale, die den Oberstleutnant Antonio Balas, Leiter der UCO, belasten könnten.

Die UCO ist eine Spezialeinheit der Guardia Civil im Kampf gegen Korruption, Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität. Damit ist Antonio Balas auch für die aktuellen Ermittlungen der UCO gegen mögliche Korruptionsfälle aus Sánchez' Umfeld wie gegen seine Frau Begoña Gómez, seinen Bruder und gegen seinen ehemaligen Minister José Luis Ábalos im 'Fall Koldo' verantwortlich.

Der Aufschrei ist groß. Nicht nur die Medien, auch Spaniens Oppositionsparteien sprechen von möglichen «Mafiamethoden». Selbst die linke Sumar, Koalitionspartner der sozialistischen Minderheitsregierung, ist empört und fordert eine sofortige Aufklärung des Skandals.

Bisher wissen die Sozialisten anscheinend nicht so richtig, wie sie aus der Sache herauskommen und den Skandal kleinreden können. Zunächst gingen sie ein wenig hilflos in die Gegenoffensive und wiesen darauf hin, dass die Aufzeichnung und Weitergabe des privaten Gesprächs eine Straftat darstellen könnten. Danach stellte man klar, Leire Díez stehe in keinem Verhältnis zur PSOE.

Natürlich bestreitet auch Leire Díez öffentlich, für die Partei zu arbeiten. Mehr noch: Am Dienstag trat sie «freiwillig» aus der PSOE aus. Auf einer am Mittwoch eigens angesetzen Pressekonferenz, betonte sie, ohne Fragen zuzulassen, sie habe investigativen Journalismus betrieben und wollte Licht in Korruptionsfälle sowie in Aktivitäten der sogenannten 'patriotischen Polizei' bringen. Dabei handelt es sich um Polizisten, die zur Regierungszeit des Konservativen Mariano Rajoy angeblich belastende Informationen über dessen politischen Gegner gesucht und verbreitet haben sollen. Blickt man auf ihr soziales Netzwerk und das Angebot, welches sie Hamlyns Anwalt macht, ist beides wohl eher zu bezweifeln.

Der anscheinende Versuch sozialistischer Kreise, den UCO-Leiter Antonio Balas unter Druck zu setzen, um die Korruptions-Ermittlungen gegen Sánchez' Umfeld einzustellen, könnte nun verheerende Auswirkungen haben. Für den konservativen Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo (PP) ist es zumindest ein gefundenes Fressen, um den sozialistischen Premier erneut unter Druck zu setzen.

Für den kommenden Sonntag haben die Konservativen unter dem Motto 'Mafia oder Demokratie' zu einer großen Demonstration in Madrid aufgerufen, zu der Zigtausende Menschen erwartet werden. «Diejenigen, die behaupteten, die Korruption ausrotten zu wollen, haben sie in Moncloa zur Normalität gemacht», versicherte Feijóo in Andeutung auf den Moncloa-Regierungspalast. «Wohin man auch blickt, Sánchez ist von Korruption umgeben. Sánchez ist seines Amtes nicht mehr würdig», stellte Spaniens Oppositionsführer klar.

Feijóo wittert Morgenluft

Feijóo spricht von Erpressungen von Richtern und der Polizei seitens der Regierung, um mögliche Verbrechen im Umfeld des Ministerpräsidenten zu vertuschen. Die «Mafia»-Praktiken hätten in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat keinen Platz. Spaniens Linksparteien sowie die baskischen und katalanischen Nationalisten, welche die sozialistische Minderheitsregierung stützen, forderte Feijóo auf, sich an seine Seite zu stellen, um im Parlament einen Misstrauensantrag gegen Premier Sánchez stellen zu können.

«Wenn Sie die Korruption beenden wollen, steht Ihnen die Volkspartei zur Seite», sagte Feijoo. Aber er warnte: «Wenn Sie das nicht tun, können Sie sicher sein, dass es Sie in den Abgrund ziehen wird und dass die meisten anständigen Spanier Sie zu Komplizen machen werden.» Er weiß nur zu gut, dass ohne diese Parteien ein Sturz der Sozialisten im Parlament keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das bekam er bereits bei den vergangenen Parlamentswahlen im Sommer 2023 zu spüren, die Feijóo haushoch gewann. Der Konservative fand jedoch keine Regierungsmehrheit, die im November 2023 dann erneut Sánchez mit weitreichenden Zugeständnissen an Kataloniens Separatisten erreichen konnte.

Sánchez' Umfeld im Fadenkreuz der Justiz

Rechtskräftig bewiesen sind die Anschuldigungen von Oppositionsführer Feijóo zwar nicht. Doch Justiz und Polizei ermitteln. Sánchez belasten derzeit vor allem drei konkrete Fälle:

Im 'Fall Koldo' geht es um angebliche Schmiergeldzahlungen in Höhe von vier Millionen Euro für den Kauf von Gesichtsmasken während der Corona-Pandemie. Darin verwickelt ist Sánchez' ehemaliger Parteikollege und damalige Verkehrsminister José Luis Ábalos und dessen Vertrauter Koldo García.

Unterdessen muss sich der Bruder des Regierungschefs, David Sánchez, derzeit vor Gericht gegen den Vorwurf verteidigen, dass er in der Provinzverwaltung von Badajoz illegal einen Posten bekommen haben soll.Es geht um Amtsmissbrauch und politische Einflussnahme. Die Richterin spricht von «klaren Hinweisen auf kriminelles Verhalten».

Nicht weniger brisant ist der mutmaßliche Fall von Sánchez' Ehefrau Begoña Gómez. Angeblich soll Gómez ihre Position als First Lady für private Geschäftsideen missbraucht haben. Regierungschef Sánchez selber spricht von einer politischen Hexenjagd der extremen Rechten, die sich eigentlich gegen ihn richte.

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